Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Ankerschmiede

Ankerschmiede


Das traditionelle Handwerk der Ankerschmiede verfertigte über Jahrhunderte jede Art von Anker und die dazu gehörigen Gerätschaften, ohne die kein Schiff seetauglich war. Der Ankerschmied, faber ancoraius, zählte ebenso wie die Reifer und Segelmacher zu den Zuliefergewerken im Schiffbau. Der Beruf des Ankerschmieds entstand aus dem Zweig der Grobschmiede und hatte sich in den Städten mit dem aufblühenden Schiffbau zum eigenen Berufsstand spezialisiert. 

 In der Ankerschmiede wurden große Mengen an Eisenmassen verarbeitet. Daher war eine besondere Esse, größer als die eines Grobschmieds, notwendig und die Feuerung musste ausschließlich durch Steinkohlen erfolgen, um die benötigte große Temperatur zu erreichen. Für die Herstellung galt die einfache Formel, je größer das Schiff, je größer der Anker. In Amsterdam schmiedeten die Meister 1662 für große spanische Schiffe Anker von bis 6000-7000 Pfund Gewicht. Der Anker wurde, in welcher Form auch immer, zuerst in Einzelteilen aus Stabeisen geschmiedet und abschließend zusammengeschweißt. Das Schmieden erfolgte mit einem großen Hammer zu ebener Bahn (Ankerhammer), auf einem, in der Mitte der langen Seite mit einem viereckigen Loch versehenen Amboss (Ankeramboss). 

 Vom gründlichen Schmieden in heißer Glut hing letztendlich die Qualität der Ware ab. Schon bei mittelgroßen Ankern reichte die Bearbeitung des Materials mit Hammer und Muskelkraft nicht mehr aus. Dann verwendeten die Schmiede 100-300 Pfund schwere mächtige Schmiedehämmer, die durch starke Seile von der Decke der Werkstatt aus gezogen wurden. Später, als die Mechanisierung voranschritt, wurden 800-900 Pfund schwere Maschinenhämmer eingesetzt, die von den Däumlingen einer Wasserradwelle über dem Amboss in Bewegung gesetzt wurden. Zum Heben des fertigen, bis 5 Meter hohen und sehr massigen Ankers, wurde ein Kran gebraucht. Ab dem 18. Jahrhundert produzierte man Anker auch in den Eisenhämmern, die meist fließende Wasserkraft nutzten und bereits ausgefeilte Techniken hatten, solche massigen Anker, die eine handwerkliche Ankerschmiede nicht mehr bewältigen konnte. 

 Bei der Fertigung von Ankern gab es häufig Probleme mit dem Preis und Gewicht. Die Bestellung des Ankers erfolgte vom Schiffbaumeister stets nach Gewicht und Größe, entsprechend seiner angestellten Berechnungen. Der Schmied konnte die Maße selten so genau bewerkstelligen. Auf ein und dieselbe Maßbestellung hin, konnte das Gewicht um einige hundert Pfund verschieden sein, demzufolge galt das ebenso für den Endpreis. Das lag daran, dass jedes Ankerteil besonders geschmiedet wurde; die Rute (Stiel), die Arme, die Schaufeln (Ankerflügel) und der große eiserne Ring und am Ende der Arbeit wurden die einzelnen Teile zum Anker zusammengeschweißt, sodass selbst beim erfahrensten Meister das beabsichtigte Endgewicht variierte. 

 Was der Anker aber tatsächlich an Qualität wert war, entschied eine Probe, denn ein ausgeworfener Anker sollte beim Aufprall auf dem steinigen Meeresboden seine Haltefestigkeit beweisen. Die Probe auf das Exempel war in früheren Zeiten simpel und doch wirksam. Meister und Gesellen ließen den Anker vor dem Kunden aus einer gewissen Höhe auf alten aufgestellten Kanonen oder anderen Eisenmassen fallen. Überstand der Anker den Aufprall unbeschadet, wurde ihm so zusagen die Seetüchtigkeit bescheinigt. Bei einem Materialfehler (Einschlüsse) des Eisens, der beim Schmieden nicht beseitigt wurde, brach der Anker bei der Probe unweigerlich auseinander.

Autorin: Hannelore Kuna


Ankerschmiede in Rostock


 Nach wie vor gehört zu den modernen Schiffsfahrzeugen ein Anker an Bord, das gilt z. B. für Öltanker und Kreuzfahrtschiffe gleichermaßen. Im Vergleich zu alten Segelschifffahrtszeiten brauchen sie aber einen Anker der Superlative, die moderne Technik macht`s möglich. Die stählernen Meeresbefestigungen wiegen heute bis zu 10 Tonnen. Per Knopfdruck wird der Anker eingeholt, dabei richtet sich der Anker selbst auf, ohne die Bordwand zu beschädigen.   

 In der klassischen Segelschifffahrt wurde der Anker von der Mannschaft ausgeworfen und vor Beginn der Fahrt wieder gelichtet bzw. gehievt. Muntere Lieder begleiteten das Ankerliften mit der Winde (Gangspill). Der Schiffsanker ist von je her ein notwendiges Gerät jedes Wasserfahrzeugs, es diente zum Festmachen des Fahrzeugs auf dem Grund des Meeres oder im Eis.

 Die Gründe zum Ankern konnten verschieden sein: Erreichung des Fahrtziels, Warten auf einen Liegeplatz oder Hilfe bei Havarien, Schutz vor Sturm und Seenot u. a. Einer der größten Gefahren war für ein Segelschiff das Stranden, wenn das Schiff durch auflandigen Wind zu weit an die Küste getrieben und aufsaß oder durch Zusammenstoß mit Klippen, Felsen, Steinen leck wurde. Für die Segelschifffahrt war es bis zum Ende 19. Jahrhunderts schwierig in mecklenburgischen Häfen, von Wismar bis Ribnitz wegen der geringen Wassertiefe, direkt anzulaufen, so war das Ankern auf See nichts besonders. Da gab es an der Nordsee mit der Einfahrt weniger Probleme, der Kapitän wartete die Flut ab und mit dem steigenden Wasser erhielt das Schiff ausreichend, tiefes Fahrwasser bis zu 4,80 Meter Tiefe. Vor Warnemünde dagegen ließ der Kapitän erstmal den Anker fallen oder kreuzte auf Reede, um die Hilfe des Lotsen abzuwarten, die ihn sicher in den Hafen brachten. Die Warnemünder Hafenordnung erlaubte kein Einlaufen ohne Lotsen. Die Wassertiefe lag im Warnemünder Fahrwasser um 1832 nur bis zu maximal 2,80 Meter, das war weitaus weniger als in anderen mecklenburgischen Häfen. Größere Schiffe mit schweren Lasten und etwas Tiefgang mussten daher generell auf See ankern, sie warteten auf kleinere Schiffe, die Leichter, die ihre Waren in den Hafen und damit an Land transportierten.

 Bei Sturm und Seenot war das Ankern auf dem Wasser die letzte Rettung für Schiff und Mannschaft, damit das Schiff nicht auf die Klippen trieb und zerschellte. Der Verlust eines Schiffes bedeutete nicht nur für den Reeder eine wirtschaftliche Katastrophe. Um das Schiff und die Mannschaft zu Schützen gab es an Bord einen zusätzlichen Anker, den Notanker (heute Heckanker). Für den Seemann galt der Anker zugleich als Sinnbild des Beständigen und der Zuversicht auf See, worauf er sich immer verlassen konnte, daher: „up’t grot Anker müsst de Jung sweren (auf den großen Anker muss der Junge schwören)“.

 Das traditionelle Handwerk der Ankerschmiede verfertigte über Jahrhunderte jede Art von Anker und die dazu gehörigen Gerätschaften, ohne die kein Schiff seetauglich war. Der Ankerschmied, faber ancoraius, zählte ebenso wie die Reifer und Segelmacher zu den Zuliefergewerken im Schiffbau. Der Beruf des Ankerschmieds entstand aus dem Zweig der Grobschmiede und hatte sich in den Städten mit dem aufblühenden Schiffbau zum eigenen Berufsstand spezialisiert. Ein Ankerschmied wurde in Rostock erstmals mit dem Meister„sifridus ankerslaghere“ in den Stadtbüchern im Jahr 1270 erwähnt. 1800, 1817 und 1815 und 1850 existierte in Rostock je eine Ankerschmiede, die damals noch hauptsächlich für den Holzschiffbau arbeitete.

 In der Ankerschmiede wurden große Mengen an Eisenmassen verarbeitet. Daher war eine besondere Esse, größer als die eines Grobschmieds notwendig und die Feuerung musste ausschließlich durch Steinkohlen erfolgen, um die benötigte große Temperatur zu erreichen. Für die Herstellung galt die einfache Formel, je größer das Schiff, je größer der Anker. In Amsterdam schmiedeten die Meister 1662 für große spanische Schiffe Anker von bis 6000-7000 Pfund Gewicht. Der Anker wurde, in welcher Form auch immer, zuerst in Einzelteilen aus Stabeisen geschmiedet und abschließend zusammengeschweißt. Das Schmieden erfolgte mit einem großen Hammer zu ebener Bahn (Ankerhammer), auf einem, in der Mitte der langen Seite mit einem viereckigen Loch versehenen Amboss (Ankeramboss).

Vom gründlichen Schmieden in heißer Glut hing letztendlich die Qualität der Ware ab. Schon bei mittelgroßen Ankern reichte die Bearbeitung des Materials mit Hammer und Muskelkraft nicht mehr aus. Dann verwendeten die Schmiede 100-300 Pfund schwere mächtige Schmiedehämmer, die durch starke Seile von der Decke der Werkstatt ausgezogen wurden. Später, als die Mechanisierung voranschritt, wurden 800-900 Pfund schwere Maschinenhämmer eingesetzt, die von den Däumlingen einer Wasserradwelle über dem Amboss in Bewegung gesetzt wurden. Zum Heben des fertigen, bis 5 Meter hohen und sehr massigen Ankers, wurde ein Kran gebraucht. Ab dem 18. Jahrhundert produzierte man Anker auch in den Eisenhämmern, die meist fließende Wasserkraft nutzten und bereits ausgefeilte Techniken hatten, solche massigen Anker, die eine handwerkliche Ankerschmiede nicht mehr bewältigen konnte.

  Ein Anker war natürlich ohne eiserne Kette oder einem starken hanfenen Tau (Trosse) unvollständig und unbrauchbar. Alle Teile zusammen machten das Ankergeschirr aus. Das vom Reifer hergestellte Ankertau wurde bis Ende des 15. Jahrhunderts hauptsächlich verwendet. So ein Tau war um 1470 etwa 5 Daumen Dick und 40 Faden lang. Die Entwicklung des Schiffbaus insgesamt, wie die zunehmende Größe der Segelschiffe, die speziellen Anforderungen der Kriegsschiffe, erforderten reißfeste und kräftige Materialien des Ankergeschirrs, wofür ebenfalls im Laufe der Zeit das bewährte Eisen zum Einsatz kam.

 So stellte der Ankerschmied oftmals auch die Ketten für den Anker mit her. Dafür waren rundgeschmiedete Eisenstäbe die entsprechenden Ausgangsmaterialien. Als Erstes schmiedete und schweißte der Meister auf dem Ambosshorn einen geschlossenen Ring, den nächsten Ring ließ er offen, hängte ihn in das bereits fertige Glied ein und schweißte den Ring zu. So wurde bis zum geforderten Längenmaß gearbeitet. Um die Kette zu glätten und gegen Rost zu schützen, bestrich der Schmied das Material mit Pech, Talg oder Wachs, danach wurde die Kette erneut erhitzt und so letztlich geschwärzt.

Die Länge der Ankerkette musste vom Ankergrund bis zum Schiffe reichen und zwar so weit, dass der Anker auch bei geringer Zugbelastung auf dem Boden liegen blieb. Man rechnete hierzu für gewöhnlich das Vierfache der Wassertiefe, auf der das Schiff lag. Ankerte ein Schiff auf 10 m Tiefe, so brauchte es etwa 40 m Ankerkette. Bei Seegang und Starkwind plante man mit dem Zehnfachen der Tiefe.

 Ankerketten herzustellen, war keine einfache Angelegenheit und letztendlich sollte die Kette bei Sturm auf See enorme Naturkräfte aushalten können. In der Ankerkettenfertigung schritt Anfang des 19. Jahrhunderts die englische Schifffahrtsnation voran, denn auch auf diesem Gebiet fand die Dampfmaschine Eingang. Mit der Mechanisierung konnte nicht nur die Herstellungszeit einer Kette verkürzt werden, sondern auch die Prüfung des Produkts fand durch die Dampfmaschine neue Maßstäbe. Um sich vom Ausland unabhängig zu machen, schickte Preußen deshalb den erfahrenen Ankerschmied Seydel aus Stettin auf Staatskosten zur „Lehre“ nach England. Von der Reise brachte er eine Maschine auf Probe mit, die 400 Pfund Sterling kosten sollte und aus der Firma John Burtinson und Söhne kam. Sie wurde 1833 auf der Schiffsbauwerft Seydel in Grabow bei Stettin aufgestellt und daraus entstand die moderne „Kettenfabrik Seydel“. Auch Ankerketten für Rostocker Schiffe wurden in dieser Zeit aus Stettin bezogen und auch noch 2 Jahrzehnte später als der Dampfschiffbau vor dem Kröperliner Tor begann. 

Autorin: Hannelore Kuna.


Share by: