Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Blaudrucker

Blaudrucker


Der Blaudruck gehörte zum textilverarbeitenden Handwerk, er beruht auf einem alten textilen Färbe- und Druckverfahren, das bis heute in einigen wenigen Werkstätten traditionell geführt und belebt wird. Das altehrwürdige Handwerk, das seine Stoffe für Haushaltswäsche aller Art und für jeden Zweck verfertigte, hatte schon immer eine besondere Faszination in der Farbkombination Blau-weiß, auch das ist bis heute so geblieben. Gewiss gibt es auch andere traditionelle Farbkombinationen, die sind jedoch nicht so beliebt. Dabei beeindrucken die über Generationen gesammelten und erhaltenen Muster und Motive, die immer noch in sorgfältiger Handarbeit ausgeführt werden. Dann spricht der kunsthandwerklich bewanderte Liebhaber von „echtem“ Blaudruck. 
Im Mittelalter gewann man die Farbe Blau aus der einheimischen Pflanze Waid und die Schwarzfärber beschäftigten sich als erste Handwerker mit dem Blaudruck. Die Waidpflanze wurde aber hauptsächlich im Süden Deutschlands angebaut, in Thüringen um Erfurt beispielsweise, und war daher hier oben im Norden, also auch in Rostock nur schwerlich und teuer zu erstehen. Der Färber-Waid wurde in großen Bottichen angeliefert und der schwierige und weite Transportweg auf dem Landweg machte seinen hohen Preis aus. Der zeitweise mecklenburgische Waid-Anbau durch die Hugenotten-Kolonie zu Bützow Anfang des 18. Jahrhunderts blieb unbedeutend und wurde wegen unwirtschaftlicher Aussichten auch nicht nachgeahmt.
 Im 17. Jahrhundert bekam die Blaudruckerei einen kräftigen Aufschwung als holländische und englische Seefahrer den Indigo aus Kalkutta mitbrachten, der in der Folge den alten Färberwaid durch seinen günstigeren Preis ersetzen konnte. Gegenüber dem Waid-Blau ergab das Indigo-Blau eine sonderbare tief-dunkelblaue Färbung, wovon die Professionisten wie Käuferschar begeistert waren. Zugleich erreichten über den Wasserweg auch hochwertige indische Blaudruck-Waren mit seltenen Mustern die Kundschaft.
 In Augsburg gründete 1689 Jeremias Neuhof die erste Kattundruckerei, die Technik verbreitete sich darauf bei deutschen Meistern bis in den Norden hinein. Das Verfahren hatte allerdings sein Bruder Georg, wohnhaft zu Hamburg, auf einer Studienreise aus Holland mitgebracht. 1734 wurde in Minden-Ravensberg eine Zunft für das Blau- und Schönfärberhandwerk gegründet. In Berlin entstand 1741 die erste große Kattundruckerei und in Neubrandenburg arbeitete Anfang des 19. Jahrhundert die erste Kattundruckerei mit Erfolg.
 Seit 1780 bestand in Rostock die Tradition des Blaudrucks, die durch mehrere Meister und Besitzer bis heute erfolgreich weitergeführt wird. Dabei sind die angeschafften Druckstöcke sozusagen als Schatz einer jeden Blaudruckstätte anzusehen und die letztendliche Fertigung zum bedruckten Stoff ist dann gelerntes Handwerk. Geschickte Formschneider verschiedener Generationen fertigten oftmals die unverwechselbaren und regionaltypischen Druckstöcke an, wodurch einige von ihnen eine hohe künstlerische Meisterschaft erwarben. Die Ideen für Druckmuster entstanden aus dem religiösen und alltäglichen Leben der Leute. Darunter entstanden auch zeitlose Muster, wie Blumen, Ranken, Tiere, die Sonne usw., die für die Menschen wichtig waren.
 Der Blaudrucker konnte sich zwischen zwei handwerklich verschiedenen Vorgehensweisen entscheiden. Entweder wurde das weiße Leinen zuerst blau gefärbt und dann mittelst einer Ätzbeize auf der Druckform die Farbe wieder abgelöst. Oder es wurde mit dem Druckstock zuerst eine Isoliermasse auf das weiße Leinen aufgedrückt und dieses danach kalt blau gefärbt. Nach dem Auswaschen löste sich die Isoliermasse, und das weiße Muster wurde sichtbar. Die Isolier- bzw. Reserviermasse für die weißen Flächen wurde aus speziellen Rezepturen hergestellt. Aber jede Druckerfamilie machte ein strenges Geheimnis um den Papp. Das Verfahren wurde Drucken mit Reservage (Reservierung) oder ganz vereinfacht als Kattundruck (Baumwolldruck) benannt, bekannt waren ebenso Drucke nach holländischer Art oder Porzellandrucke. Die Stoffdrucke wurden in dieser Art jeweils nach dem Herstellungsverfahren oder dem Ursprungsland bekannt, dadurch erhielten sie einen gewissen Stellenwert bei der Kundschaft. Aber streng genommen ist die Blaudruckerei kein Druck, sondern ein Färben des Stoffmaterials, es wird blau gefärbt und die weißen Muster werden durch spezielle Verfahren freigehalten.
Jeder Blaudrucker, ganz besonders die Meister und die Gesellen, machte sich in seinem Berufsleben mehrmals auf die Reise, um Models mit neuen Motiven zu entdecken und einzukaufen. Auf diesem Wege gelangte vermutlich auch die ungarische Blaudruckerkunst in den Norden. Der Stammvater der bedeutendsten ungarischen Blaudruckerei zu Pápa, Károly Frygues Kluge, hatte die Technik der Blaudruckerei in Sorau in Sachsen erlernt und sich 1783/1786 in Ungarn niedergelassen. Der ungarische Meister Ferenz Kluge in dritter Familiengeneration suchte 1846-50 u .a. die Werkstätten Schleswig, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald auf, brachte seine Erfahrung mit und nahm ausgewählte norddeutsche Muster denn auch mit in die Heimat. Den Rostocker Meistern und Gesellen wiederum wurden zur Wanderschaft die berühmten Werkstätten in Augsburg, Berlin, Bremen, Nürnberg oder Schwabach empfohlen.
Mitte des 19. Jahrhunderts blühte der Blaudruck in Parchim auf. Parchimer Blaudruck mit eigenen Modeln machte von sich Reden. Bis etwa um 1900 fand der handwerkliche, traditionelle Blaudruck noch seine wirtschaftliche Existenzberechtigung. Durch die Erfindung chemischer Farbpigmente wurde das blaue Färben kostengünstiger und die Industrie übernahm mit maschineller Stoffdrucktechnik (Walzendruck) den Blaudruck.
 In der heutigen Rostocker Werkstadt „Haase“ werden mehr als 100 Models mit unterschiedlichen Motiven aus vergangenen Betriebszeiten aufbewahrt. Ein regionaltypisches Motiv ist der Blaudruck von Schiffen, der von etwa 150 Jahre alten Modeln stammt. Ebenso alt ist das Motiv des Granatapfels, das als altes christliches Motiv gedeutet werden kann, es war schon typisch für kostbare Seidengewebe und Brokat im 15. und 16. Jahrhundert. Ein eigener Entwurf für ein Altartuch der Südstadtkirche wurde Anfang der 1980 Ger Jahre gefertigt. 


Autorin: Hannelore Kuna

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