Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Buchdrucker
Spätestens seit Eccos „Der Name der Rose“, weiß jeder, dass Bücher ursprünglich von den Mönchen handschriftlich abgeschrieben wurden, um sie zu verbreiten oder im Falle „Die Komödie“ von Aristoteles Bücher zu verbannen, aber im besten Falle wurden sie für die folgenden Generationen bewahrt und überliefert.
Seit Johann Gutenbergs Erfindung der beweglichen Lettern um 1450 erreichte der Buchdruck großen Aufschwung. Der Fortschritt war enorm, denn mithilfe von einzelnen Lettern aus Holz oder Blei war eine Buchseite schneller gesetzt als vorher mit der komplett in Holz geschnitzten Seite, die nur für eine Buchseite verwendbar war. Jetzt wurde der Buchdruck effektiver und dadurch auch preiswerter, aber Bücher blieben immer noch kostbar.
Die Erfindung Gutenbergs ging auch in Rostock ein und fand begeisterte Förderer. Von 1475 ab wurde in Rostock dauernd, zeitweise sogar gleichzeitig in mehreren Druckereien gedruckt. Um 1530 war die Buchdruckerkunst von Rostock die bedeutendste in ganz Mecklenburg.
Einen wichtigen Anteil am Buchdruck hatten die „Brüder vom gemeinsamen Leben“ (frates bonae voluntatis oder vitae communis). Sie erfüllten fast alle typografischen Bedürfnisse des Landes. Um 1462 waren die Brüder aus Münster in Westfalen nach Rostock gekommen, sie gehörten zu einer Bruderschaft, die 1370 in den Niederlanden gegründet worden war und hatten ihrer Stiftung den Namen des grünen Gartens oder grünen Hofs beigelegt. Sie erbauten um 1480 ein Klosterhaus und gaben dem Wirken, das im Verbreiten von religiösem Wissen bestand, zugleich eine Arbeitsstätte. In der besten Zeit lebten 17 Mitglieder im Fraterhaus.
Die Universität unter Rektor Nikolaus von Deer förderte die Arbeit der Bruderschaft und ebenso die 1475 von ihnen eingerichtete Druckerei. Von 1476 bis 1531 wurden in der Rostocker Druckerei, die nach Merseburg und Lübeck die drittälteste norddeutsche Druckerei war, innerhalb von fast 60 Jahren etwa 30 verschiedene Werke gedruckt.
Das erste bekannte Buch aus der Druckerei der Fraterherren war ein Werk des lateinischen Schriftstellers Lactantius. Ihre folgenden Geschäfte nahmen einen wirtschaftlich guten Verlauf, denn sie verlegten auch Werke, die außerhalb von Rostock in Städten ihrer niederländischen Heimat gedruckt wurden. Der Buchdruck bezog sich inhaltlich auf rein kirchliche Werke und der äußere Druck war schlicht gehalten, ohne großen Schmuck. Ihr ältestes Druckerzeichen zeigt eine Weltkugel mit darauf errichtetem Kreuz, das jüngste Zeichen zeigt den Heiligen St. Michael auf einer Weltkugel, wie er mit Kreuzstab und Schwert den Drachen besiegt. Mit Namen ist aber wohl nur der Buchdrucker Michael Holt (1532) bekannt.
Der Umstand, dass nach Einführung der Reformation bei der Bruderschaft noch einige Werke gegen die Reformation erschienen waren, mag zur Einstellung der literarischen Tätigkeit nach 1540 beigetragen haben. Aus dem Klostergebäude St. Michael wurde später ein Pädagogium der Universität, dann übernahm die Stadt das Gebäude, errichtete darin ein Zeughaus und später ein Wollmagazin, heute nutzt die Universitätsbibliothek Haus und Räumlichkeiten.
Anfang des 16. Jahrhunderts errichtete Hermann Barkhusen, der von 1503-1526 das Amt eines Stadtsekretärs bekleidete, eine Privatdruckerei zu eigenen wissenschaftlichen Zwecken, denn er hatte die Werke zum größten Teil auch selbst bearbeitet. Aus seiner Druckerei sind acht Werke bekannt. Er starb 1528 oder 1529, kurz zuvor hatte er seine Buchdruckerei an L. Dietz abgegeben.
Eine weitere Buchdruckerei wurde von Dr. Nikolaus Marschalk Thurius (1470-1525) errichtet. Er war ein bedeutender Gelehrter aus Thüringen, der hier in Norddeutschland versuchte die griechische Sprache und Literatur durch Lehre und Druckschriften bekannt zu machen. Schon in Erfurt hatte dieser gelehrte Mann eine Druckerei besessen. Auch in Rostock richtete er mithilfe eines Erfurter Druckers, Günter Winter, in seinem Haus eine Druckerei ein, die etwa 8 Jahre (1514-1522) bestand. Seine lateinischen Lettern waren sehr schön gearbeitet, große Verdienste erwarb er sich durch die Anschaffung griechischer Typen und selbst ein Holzschneider stand in seinen Diensten. 25 Bücher aus seiner Druckerei sind bekannt, unter denen der letzte Druck, ein deutscher Auszug der mecklenburgischen Chronik war.
Der erste öffentliche Buchdrucker in Rostock, der selbstständig hier ein Gewerbe eröffnete, war der oben genannte Ludwig Dietz, aus Steyer gebürtig. Zunächst war er in der Druckerei Barkhusens beschäftigt und erlernte von seinem Arbeitgeber die Grundkenntnisse und Besonderheiten der Schwarzen Kunst. Die Erwerbstätigkeit in Rostock war aber zu jener Zeit nicht eben günstig, sodass er nach Lübeck ging und dort versuchte Fuß zu fassen. Am 25. April 1558 wurde er zum Universitätsdrucker von Rostock bestellt, starb aber bereits am 1. September 1559, nach einer insgesamt mehr als fünzigjährigen Wirksamkeit als Buchdrucker, in der er mehr als 60 Werke, viele davon in niederdeutscher Sprache, in Druck gebracht hatte.
Der Rostocker Buchdruck wurde dann hauptsächlich durch den Rat veranlasst und gefördert, an der Universität praktisch ausgeübt, denn Bücher zu wissenschaftlichen Lehr- und Forschungszwecken waren notwendig und hoch begehrt. In Zeiten langer und schwieriger Verkehrswege war das gedruckte Buch der hauptsächliche Kommunikationsweg, um Rostocker Wissenschaft in die Welt zu verbreiten oder neue Erkenntnisse zu erfahren. Nur auf diesem Weg konnten Gelehrte allgemein wissenschaftliche Anerkennung erlangen.
Bücher waren stets auch eine öffentliche Angelegenheit, schon etwa ab 1600 herrschte in Deutschland mit territorial unterschiedlichem Nachdruck die allseits gefürchtete Zensur, der sich Buchdrucker wie Verleger und Buchhändler unterordnen mussten. Schon von Ludwig Dietz verlangte die Universität für die Gehaltszahlung seiner jährlich 30 Gulden die Anerkennung der Universitätszensur.
Mitunter war man aber in anderen Städten strenger als in Rostock. Die Stadt Stralsund versuchte den Rostocker akademischen Drucker Moritz Sachs mit einem guten Angebot an den Strelasund zu locken, verlangte jedoch von ihm, das kein Buch gedruckt werden dürfe, was nicht vorher dem Superintendenten und dem Stadtsyndikus vorgelegt wurde. Buchdrucker Sachs, ein Freigeist - lehnte dankend ab. Moritz Sachs gab erstmalig eine Rostocker Zeitung in den Jahren 1625 bis 1628 heraus. Leider ist kein einziges Exemplar mehr vorhanden.
Ein ebenfalls bekannter Universitätsdrucker war Johann Weppling, der seit 1683 als akademischer Buchdrucker beschäftigt war. Er fasste 1711 den Plan in Rostock eine Zeitung zu gründen und musste vorher die hohe Hürde des Universitätszensors überwinden, was ihm trotz gewisser Schwierigkeiten gelang, sodass die Zeitung in regelmäßigen Abständen erschien. Weppling starb 1725, sein Nachfolger (seit 1722) wurde Johann Jakob Adler aus Stettin.
In den Herzogtümern Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zusammen existierten per 1796 insgesamt 5 Buchdruckereien: Rostock 2, Gadebusch 1, Neubrandenburg 1 und Schwerin 1.
Vieles wurde in den Zeiten moderner Verwaltung nun gedruckt, nicht nur Bücher, sondern auch Journale, Intelligenzblätter, Verordnungen usw. Alle mecklenburgischen Druckereien verbrauchten damals, nach Abzug der Kanzleidrucksachen, der Kirchenzettel usw., jährlich etwa an 60 Ballen Papier.
Nach den städtischen Katastern von 1852 existierten in den Städten des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin insgesamt 20 Buchdruckereien, davon arbeiteten in der Seestadt Rostock 3 Buchdruckermeister im Kleinhandwerk.
Die relativ hohe Anzahl von Buchdruckereien entsprach einem sich rasch entwickelnden kulturellen geistigen Bedürfnis nach Wissen, Information und auch Unterhaltung quer durch alle Gesellschaftsschichten. Wobei insbesondere das aufstrebende Bürgertum mit seinen Bedürfnissen hervorzuheben wäre. Daher erblühte im Verlauf des 19. Jahrhunderts parallel zur aufstrebenden Entwicklung verschiedenster Kultur und Kunstbereiche ebenso der Verlagsbuchhandel, als ein Bereich. Um so mehr als im Zusammenhang mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung gerade der technische Fortschritt sich vor allem im Druckereiwesen deutlich bemerkbar machte.
Nach einer zeitgenössischen Statistik wurde die nahezu Verdopplung der deutschen Bevölkerungszahl, also von 35,9 Millionen Einwohner im Jahr 1852 auf 64.9 Millionen 1910 bemerkenswert überflügelt durch eine Vervierfachung der Buchproduktion von jährlich 8.857 auf 31.218 Neuerscheinungen.
Der technische Fortschritt war nicht aufzuhalten, neue Erfindungen vereinfachten und verbilligten zunehmend die Herstellung von Druck-Erzeugnissen. Bereits 1818 war in Berlin die erste englische Papiermaschine aufgestellt worden. In den 20-er Jahren ersetzte die von Friedrich König 1811 in London erfundene Schnellpresse, die etwa in einer Stunde 900 Bögen auf beiden Seiten bedrucken konnte, überall die Handpresse und noch später wurden Zeitungen und Bücher in großen Auflagen auf ersten Rotationsmaschinen gedruckt.
Bekannt war im 19. Jahrhundert die Steindruckerei Tiedemann, welche Stadtansichten von Rostock und Mecklenburg, Wappenbücher, Spielkarten und Drucker-Zeugnisse für Handel und Industrie herstellte.
Der Hinstorff-Verlag eröffnete 1864 mit Ausgabe des „Rostocker Tageblatts“ seine neue Druckerei in Rostock. Seit diesem Jahr erschien auch der berühmte „Voß- und -Haas-Kalender“, von 1864 bis 1918 unter dem Namen „Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher und Mecklenburg-Strelitzscher Kalender“.
Die größte und bedeutendste Druckerei Rostocks im 19. Jahrhundert und bis 1945 war die Druckerei Adlers Offizin, später Adlers Erben, mit den Titeln Großherzogliche Hofdruckerei (ab 1900) und Ratsdruckerei und Universitätsdruckerei bis 1945.
Die Wurzeln des Unternehmens lassen sich bis zur Druckerei Dietz im Jahr 1558 zurückverfolgen. Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden in dieser Buchdruckerei eine Vielzahl von Buchausgaben. 1940 erschienen am Hopfenmarkt 32 im eigenen Verlag 36 Fernsprechteilnehmerverzeichnisse aus Mecklenburg und Vorpommern. Für den „Sofort-Verlag“ Berlin wurde die gesamte Auflage gedruckt. Hier entstanden die Deutsche Kürschner Zeitschrift, das Fachadressbuch der deutschen Zuckerindustrie oder die Register des Lloyd Berlin. Adlers Erben arbeitete einzigartig in Mecklenburg mit Einzelbuchstaben-Setz- und Gießmaschinen, die auch den Tabellensatz ermöglichten.
Autorin: Hannelore Kuna
Vor über 200 Jahren wurde der Zeitungsdruck in Pommern revolutioniert
Zeitungen gibt´s heute an jeder Straßenecke und es ist sehr informativ in einer Stadt eine Tageszeitung in den Händen zu halten und lesend Kaffee zu trinken. Dabei gelang erst vor 200 Jahren die technische Grundlegung des modernen Zeitungs- und Büchermarkts mit der Patentierung einer für uns heute scheinbar simplen Druckpresse. Der Buchdrucker und Ingenieur Friedrich Koenig (1774-1833) aus dem anhaltinischen Eisleben (Mitteldeutschland) meldete am 30. Oktober 1811 in London sein bereits zweites Patent unter der Nummer 3496 für den Bau einer metallenen Druckpresse auf Maschinenbasis an. Koenig hatte hiermit den Urtyp aller späteren Druckmaschinen geschaffen. Nur wenige Fachleute ahnten damals, dass diese Erfindung in den folgenden Jahren eine zweite technische Revolution, nach Gutenberg- versteht sich, im Druckgewerbe auslösen würde.
Das 19. Jahrhundert brachte in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Erfindungen hervor, doch die Druckpresse eröffnete einen florierenden Zeitungsmarkt und berührte damit den Alltag der Leute unmittelbar, wodurch jeder, ob Mann oder Frau, mit neuesten Informationen versorgt und unterhalten werden konnte. Der heutige „Überfluss“ an Zeitungen wäre also undenkbar ohne jene Erfindung des Herrn Koenig.
Mit der Druckpresse war der technische Weg frei für Massenpublikationen von Amts- und Intelligenzblättern, Wochenblättern, Anzeigern oder Journalen und regionalen Tageszeitungen. Waren dann auch die politischen Hindernisse (Zensur) und amtlichen Hürden überwunden, konnte das bedruckte Papier unter die Leute gebracht werden. Die technische Reproduzierbarkeit von Informationen kannte nunmehr keine Grenzen.
Friedrich König war nach England gegangen, um ab 1807 gemeinsam mit seinem Kompagnon Friedrich Bauer die eigenen Konstruktionsideen Stepp by Stepp in die Praxis umzusetzen. England, das war das Erfolg versprechende Land, wo die Dampfmaschine längst die Industrialisierung vorantrieb und hier konnten die technischen Erfindungen auch für den Einzelnen gesetzlich geschützt werden.
Nach dem angemeldeten Patent von 1811 konnte die erste Maschine mit einer Druckkapazität von 800 Seiten pro Stunde im Dezember 1812 fertiggestellt werden. Tatsächlich reagierte die englische Zeitungsbranche sofort auf diese technische Neuheit, das wirtschaftliche Potenzial und die Chancen der Verbreitung in einer Großstadt wie London war erkannt worden. Der Besitzer der Londoner „Times“, Mister Walter, bestellte zwei Doppelmaschinen, die von einer Dampfmaschine angetrieben wurden, mit noch größerer Druckleistung. Sensationell schnell und technisch problemlos konnte am 29. November 1814 die Tagesauflage der „Times“ runter gedruckt werden.
Bekanntheit erlangte Königs Erfindung weltweit unter der treffenden Bezeichnung Schnellpresse, die seinerzeit der Verleger und Buchdruckereibesitzer Freiherr von Cotta (Augsburg/Stuttgart) prägte. Koenig und Bauer siedelten sich 1816 in Kloster Oberzell bei Würzburg an und arbeiteten unermüdlich an weiteren technischen Fortschritten. Die Firma erwies sich mit der Techniker-Schmiede von Mechanikern und Ingenieuren äußerst innovativ, so dass bis um 1850 die deutschen Druckmaschinen 6000 Drucke in der Stunde leisten konnten.
Aber mit dem Verkauf der Schnellpressen ging es in Pommern erstmal nur langsam voran. Die neue Drucktechnik war der heimischen Zeitungslandschaft weit vorausgeeilt. Bis gegen 1840 erreichte keine Tageszeitungen hohe und bemerkenswerte Auflagenzahlen. Nach der Bestandsaufnahme im Jahrbuch 1841 erschien das Küstriner Wochenblatt 1-Mal wöchentlich, Auflage 400 Stück. Die Demminer konnten ein Wochenblatt an 2 Tagen der Woche lesen. In Greifenhagen gab es das Kreisblatt 1-Mal pro Woche zu kaufen. Greifswald hatte ein Wochenblatt, das hauptsächlich Anzeigen für Greifswald brachte, 1-Mal pro Woche, Auflage 300.
Für Pasewalk ist ein „Anzeiger. Wochenblatt für Pasewalk und Umgebung“ 2-Mal pro Woche mit einer Auflage von 300 Exemplaren verzeichnet. Der Verlag Kalbersberg in Prenzlau gab das „Ukermärkische Volksblatt“, ebenfalls ein Wochenblatt 1-Mal pro Woche mit einer Auflage von 500 Stück heraus.
In der Provinzialhauptstadt Stettin erschienen das wöchentliche „Amtsblatt“ der Regierung, die „Börsennachrichten der Ostsee“ (1835 gegründet, später die Ostsee-Zeitung) zweimal wöchentlich, das „Intelligenzblatt“ zweimal wöchentlich Auflage 270 und die „Stettiner Zeitung“ dreimal in der Woche und mit einer doch schon relativ großen Auflage von 1375 Stück.
In Stralsund wurden das Amtsblatt einmal wöchentlich, die „Stralsundische Zeitung“ und die „Sundine“ zweimal wöchentlich herausgegeben. Insgesamt verfügte die Provinz Pommern im Jahr 1847 über 32 verschiedene Zeitungen, von denen die meisten sogenannte Intelligenzblätter (hauptsächlich Anzeigenblätter) und die wenigsten aufgrund der herrschenden Zensur politische Zeitungen waren. Nur vom preußischen Staat genehmigte „politischen Zeitungen“ stand es zu, überhaupt ein Wort über Staat und Kirche zu schreiben. Mit diesem Privileg konnte sich 1835 die „Stralsundische Zeitung“ ausweisen: Prinzipal und Verleger: Johann Strucks Witwe, Redakteur: Kaufmann und Buchdrucker Ferdinand Struck, Zensor: Geheimer Rat von Petzlaff.
Mit und nach den Revolutionsjahren 1848/49 erreichte der pommersche Zeitungsmarkt, auch mit neuen Zeitungen, höhere Auflagen. Einige Blätter vergingen aber ebenso schnell wie sie kamen oder wurden vom Staat verboten wie der „Wächter“ in Stettin.
Weitere Erfindungen bzw. technische Verbesserungen (Papier, Telegrafie, Eisenbahn, Telefon) beförderten den Zeitungsmarkt zu höheren Auflagen. 1849 lieferten in der Provinz Pommern 17 Papiermanufakturen mit 22 Bütten, 3 Maschinen und 227 Arbeitern den Verlagen und Druckereien beste Papiere von unterschiedlichen Qualitäten. Mit der Telegrafie konnten die neuesten Nachrichten den Redakteuren in kurzer Zeit übermittelt werden. Anklam, Greifswald, Putbus, Stralsund und Wolgast erhielten 1855 Telegrafenstationen.
Die Zeitungslandschaft Stettins wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch vier täglich herausgegebene Blätter mit nun hohen Auflagen geprägt: Ostsee-Zeitung, Pommersche Zeitung, Generalanzeiger und Neue Stettiner Zeitung. Der Generalanzeiger erreichte 1933 eine Auflage von 80.500 Exemplaren.
Neue Drucktechnik war angeschafft worden und wurde sichtlich auch weiterhin gebraucht. Die Schnellpressen ersetzten oder ergänzten die Handpressen und in größeren Druckereien wurden sie von Dampfmaschinen angetrieben. Neben dem Fortschritt bei der Druckleistung ließen die Schnellpressen Arbeitskräfte einsparen. Für die Bedienung von 10 Handpressen benötigte man 40 Arbeitskräfte, dagegen reichte bei der Schnellpresse ein Arbeiter oder ein Druckereijunge zum Einlegen und zur Aufnahme der Bögen und zusätzlich sorgten 1 Maschinist und ein Heizer für die Arbeit der Dampfmaschine.
Bis 1865 verkaufte die Firma König & Bauer 1000 Schnellpressen an größere Druckereien u. eine nach Güstrow, Rostock und Wismar. Außer Koenig & Bauer traten andere deutsche Maschinenbauer auf den Markt wie Schuhmacher in Hamburg, Hoffmann in Leipzig, Deisler in Koblenz, Dingler in Zweibrücken, Aston in Magdeburg, Andrea in Frankfurt a. M., Koch in München oder Hummel und Sigel in Berlin. Von der Firma Sigel bezogen die Verlage und Druckereien Adlers Erben in Rostock, Struck in Stralsund und Hessenland in Stettin ihre Schnellpressen.
Die größte Druckerei Stettins im 19. Jahrhundert wurde unter dem Namen Franz Hessenland geführt und ihr Ursprung ist auf das Unternehmen eines Geistlichen der Marienkirche und später der Peter- und Paulkirche Anfang des 18. Jahrhunderts, Namens Rethe, zurückzuführen. Diese Stettiner Druckerei stand ebenso in alter Tradition wie die von Johann Struck in Stralsund. Beide Prinzipale (Druckereibesitzer) verstanden es wirtschaftlich Buch-, Kalender und Zeitungsdruck miteinander zu koppeln was ein Erfolgsrezept des 19. Jahrhunderts war.
Nach Koenig war der Weg bis zur nächsten technischen Stufe des Druckvorgangs, zum Rollenoffsetdruck und zum Antrieb mit elektrischem Strom, nicht mehr weit. Geht man davon aus, dass fast jede gedruckte Zeitung heut zu Tage auch eine Internet-Zeitung anbietet, hat es aber immerhin 200 Jahre gebraucht bis zum heutigen rasanten Mediengeschehen.
Autorin: Hannelore Kuna
Die Schnellpresse kam nach Hamburg
In Hamburg arbeitete die größte Zeitung der Stadt, der „Hamburgische unparteiische Korrespondent“ (1731 gegründet) in ihrer Offizin ab dem 5. Juli 1825 mit zwei Schnellpressen aus der König-Bauerschen Fabrik. Eine jede Maschine lieferte 2200-2400 abgedruckte Bogen in der Stunde. Zwei Arbeiter mussten ständig ein Schwungrad in Bewegung halten, damit die Schnellpresse etwa 7-mal mehr als die alten Handpressen leisten konnte. Für einen mechanischen Antrieb durch eine Dampfmaschine hatte der Prinzipal noch die Investition gespart.
Das Papier wurde von vier Jungen eingegeben und herausgenommen. Alle anderen Arbeitsgänge, wie Farbzuführung, machte die Maschinerie automatisch. Der Zeitgewinn und die Minderung des Arbeitsaufwandes waren enorm. Noch im Jahr 1806 musste das Blatt 7-Mal gesetzt werden und es standen in der Nacht 14 Handpressen (jede besetzt mit vier Arbeitern) in Tätigkeit, um ca. 26.000 Exemplare zu drucken.
Die Hamburg-Altonaische Bibelgesellschaft (19. Oktober 1814 gegründet) ließ von 1818 bis 1847 107.000 Bibeln in 7. Auflagen drucken und zwar seit 1830 mit der Schnellpresse.
Ab 1842 wurden auch im „Rauhen Haus“ zu Horn die „Fliegenden Blätter“ und Bücher der inneren Mission an Handpressen und an einer Schnellpresse aus der Firma Schuhmann gedruckt. Auch diese Schnellpresse wurde von einem Rad angetrieben, dass 2 Knaben ständig drehen mussten, um die im Rettungshaus behüteten Kinder und Jugendlichen sinnvoll zu beschäftigen.
Etwa ab 1840 hatte sich in Hamburg eine eigene Schnellpressenfabrik gegründet, die von Schuhmann. Großen Absatz fand die Hamburger Fabrik hauptsächlich in Russland und weniger in Deutschland.
Nach dem deutschen Zeitungskatalog von 1847 erschienen in Hamburg 18 politische Zeitungen, Tage-, Wochen- und Intelligenzblätter. Neben dem „Korrespondenten“, der „Hamburger Börsenhalle“, erreichten eine hohe Auflage die „Hamburger wöchentliche(n) Nachrichten“ (6000 Exemplare) und der „Hamburger Beobachter“ (5600).
Die Tageszeitung „Hamburger Börsenhalle“ avancierte im 19. Jahrhundert zu einem der wichtigsten Blätter für den Kaufmann in ganz Deutschland. Der reiche Hamburger Geschäftsmann J. G. von Hosstrup hatte 1804 mit seinem Vermögen in der damaligen Bohnenstraße das prächtige Haus Börsenhalle für Handels-, Finanz-,
Versammlungs- und Kunstzwecke der Mitbürger gestiftet und ein Jahr später die gleichnamige Zeitung herausgegeben.
Anfangs wurde das Blatt in einer Offizin im eigenen Haus gedruckt, doch mit Beginn der dreißiger Jahre musste die Druckerei in ein gegenüberliegendes Gebäude umziehen. Hosstrup ließ eine Schnellpresse mit Dampfantrieb anschaffen, deren Dampfmaschine vom Maschinisten mit Steinkohlen gefeuert, mächtig Dreck und Krach machte.
Bereits 1839/41 wurde ein neues Börsenhaus im klassizistischen Stil errichtet, das den großen Stadtbrand von 1842 überstand, doch das Großfeuer vernichtete das alte Börsenhaus samt Druckerei.
1852 wurde die Zeitung „Hamburger Börsenhalle“ an 6 Tagen in der Woche jeweils mit Nachmittags- und Abendausgaben herausgegeben. Am 19. Oktober 1852 erschien seit Bestehen der Zeitung die Nummer 12.554.
Im Mai 1863 ließ der damalige Vorsteher Meinhold der Börsenhalle am „Altenwall“ eine Doppelschnellpresse von König & Bauer aus Würzburg einrichten. Für den Antrieb schlug man neue Wege ein. Erstmalig in Deutschland sollte die Kraft vom gezündeten Gas eine Schnellpresse in Bewegung halten. Die neue Gasmaschine mit zweieinhalb Pferdestärken von H. Moltrecht und Comp. schaffte es kontinuierlich sowie relativ leise und vor allem sauber, mithilfe einer elektrischen Batterie und über Riemen die Presse anzutreiben. Das Gas konnte durch Vertrag aus der städtischen Beleuchtungsanlage abgezweigt werden.
Mit dieser Antriebsleistung druckte die Schnellpresse 40-50 Bogen in der Größe von 2 Fuß im Quadrat pro Minute. Damit ließ sich die Abendausgabe in einer Auflage von 6000 Stück jeden Tag, von 15-18 Uhr, also innerhalb von 3 Stunden mit wenigen Arbeitskräften herstellen.
Noch auflagenstärkere damalige Tageszeitungen wie die „Hamburger Nachrichten“ (12.000 Exemplare) und der „Hamburger Reform“ (30.000) mit 3 Doppelschnellpressen der Firma Voigt, arbeiteten noch mit der Dampfmaschine zum Antrieb, aber bis zur nächsten technischen, sauberen Stufe des Druckvorgangs, zum Rollenoffsetdruck und zum elektrischen Strom, war der Weg nicht mehr weit.
Autorin: Hannelore Kuna