Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Färber

Färber


 Von je her bot die Natur dem Menschen eine Vielfalt an Farben, die seine Sinnesempfindungen anregten und das Bestreben förderten, Farben für seine Alltagsgegenstände nutzbar zu machen. Zu diesem Zweck und Nutzen bildete sich ursprünglich das Färberhandwerk in der textilen Bearbeitung heraus, es zweigte sich in die grobe Einteilung von Schwarz- und Schönfärber.

 Die alten Griechen bevorzugten helle, von der Sonne gebleichte oder ungebleichte Stoffe. Nicht viel anders handhabten es die Römer.

 Erst unter Karl dem Großen wurde das Färben der Kleidung eingeführt. Mit Entwicklung der Leinen- und Wollenweberei in den Niederlanden entstand erstmals das städtische Handwerk der Färber. Als Graf Heinrich von Schwerin im Jahr 1225 König Waldemar von Dänemark aus der Gefangenschaft entlassen wollte, machte er zur Bedingung, tausend Ellen Leinwand im flandrischen Scharlach zur Ausstattung von 1000 mecklenburgischen Rittern zu erhalten.

 In Rostock wurde nach den ältesten Stadtbüchern schon früh mit verschieden gefärbten Stoffen gehandelt. Dazu gehörten z. B. ein flandrisches Tuch (Vrizal), ein leichtes flandrisches Seidengewebe (Cyndal) und ein kostbares Seidengewebe (Purpura). Namentlich wurde Färber darin nicht erwähnt. Vermutlich färbten die Tuchner ihr Wollen- und Leinengewirk anfangs selber. Später spezialisierten sich Färber heraus, die immer von den Tuchmachern abhängig blieben.

 Bei der Geistlichkeit, den Mönchen und Nonnen, überwogen im Mittelalter die Farben Schwarz und Grau, ebenso beim einfachen Volk.

 An der Rostocker Universität mussten die Studiosi sich den städtischen Regeln fügen, die ihnen die Rostocker Kleiderordnung von 1587 vorschrieb. Sie sollten sich durch die Benutzung einer „geistlichen Tracht“ vom Stadtvolk unterscheiden. Über Hemd, Wams und Hose trug der junge Gelehrte ein langes, ringsum geschlossenes Obergewand aus grauem oder schwarzem Tuch mit Armlöchern. Nur die Kopfbedeckungen und Strümpfe durften in den Farben Grün, Weiß oder Rot getragen werden. Durch den großen Bedarf nach Schwarz und Grau war die sogenannte Schwarzfärberei entstanden.

 Die Schwarzfärber färbten fast ausschließlich Leinwand, die aus pflanzlichem Material hergestellt war und sich nur schwer bunt einfärben ließ. Zum Färben wurde ein Verbindungsmittel (Beize) zwischen Farbstoff und Gewebe benötigt, damit sich die Farbe mit dem Gewebe verbinden konnte.

 Älteste Bindemittel waren Alaun, Essig, Eisenvitriol, Kalk, Kupfervitriol, Pottasche, Urin und Zinnoxid. Besonders beliebt war Alaun, der aber für Rostock nur von weit her und darum teuer bezogen werden konnte. Die schwarze Farbe fertigten die Schwarzfärbemeister durch Kochen von Eisensalzen, Eisenoxiden oder Eisenfeilspänen mit Gerbsäuren in Wasser.   Zum Graufärben verwendeten die Schwarzfärber Kupferwasser und Gallus.

 Die Färberei nahm einen Aufschwung als Ende 16. Jahrhundert bei Dömitz Alaunvorkommen entdeckte. Nach Einrichtung eines Förderungsbetriebes ließ Herzog Ulrich, am 3. Juli 1578 in Rostock bei den Tuchfärbern nachfragen, ob sie den mecklenburgischen Alaun verwenden können, wozu ihnen per Boten Alaunproben zur Prüfung der Qualität überbracht wurden.

 In der Neuzeit ging der Bedarf an Schwarzfärberei zurück, sie blieb aber (bis heute) von Bedeutung für die Herstellung von Berufsbekleidung, Fest- und Trauerkleidung und als regionale Besonderheit im 18. und 19. Jahrhundert in den Dörfern um Rostock für die schwarz-graue Bauerntracht.

 Neben der Dominanz von Schwarz und Grau lebte schon das Spätmittelalter auch hier im Norden von Farben. Diese Buntfärbekunst entwickelten die Schönfärber. Die vorzüglichsten Farben waren Rot, Grün, Gelb und Blau. Um Stoffe rot zu Färben verwendete man z. B. die Scharlachbeere, Karmesin aus Spanien, Krapp (Färberröte, nur für Wolle), später Rotholz (für Leinen) aus Brasilien und roten Sandel. Für Grün behalf man sich mit Grünspan vom Kupfer. Zu Gelb kam man durch die Färbestoffe Gelbholz, Curcume, Safran und Färberdiestel.

 Blau färbte man die Stoffe mit dem deutschen Waid, der schon nach 1290 bei Erfurt angebaut wurde und später mit dem kostbaren Indigo aus Indien, den die holländischen Seefahrer aus Indien herbeischafften. Die Waidblätter wurden in Mühlen zerdrückt und gepresst, getrocknet und in Pulverform in Fässern gehandelt, sodass der thüringische Waid für Mecklenburg und Rostock sehr kostbar war. Selbst Herzog Ulrich von Mecklenburg brachte von seiner Reichstagsfahrt 1582 nach Augsburg ein Fässchen Waid aus Erfurt für einen Taler und 12 Groschen mit.

 Das besondere Indigo-Blau bezogen die Rostocker Werkstätten in kristallisierter Form. Es wurde von den Gesellen mühevoll mit dem Mörser zerkleinert, um einen Brei zu mischen, woraus eine Farblache angerührt wurde. So entstanden aus verschiedenen Färbemitteln farbenprächtige Stoffe.

 Anfang 16. Jahrhundert kamen neue pflanzliche Färbemittel hinzu, insbesondere durch den Seehandel. Amerika bot das reiche Rot (Karminrot) der Cochenillelaus und schließlich verstand man das Türkisch-Rot zu machen. Beim Blau wurde die Vorherrschaft des uralten Waids durch Indigo abgelöst. Versuche Waid in Mecklenburg anzubauen sind kaum erfolgt. Einzig die angesiedelten Hugenotten in Bützow, die zumeist Weber und Spinner waren, bauten zu ihrem Gebrauch Waid an.

 Sächsisch-Blau für die Seidenfärberei wurde aus Schwefelsäure hergestellt, das Berliner Blau aus Blutlauge, Eisenvitriol und Alaun, ist 1705 in Berlin erstmals gefertigt worden.   

 Insgesamt war das Färben eine körperlich anstrengende Angelegenheit, die oft die Gesundheit ruinierte. Waschen, Beizen, Spülen, Färben, Trocknen und Mangeln hieß die Reihenfolge der Arbeitsprozesse. Wegen dem hohen Wasserverbrauch lag die Färberwerkstätte meist an Wasserläufen und auf dem Gelände standen große Kufen, in denen die Stoffe wieder und wieder bewegt wurden.

 Wollstoffe wurden im warmen Farbbad (Küpe) gefärbt, Leinenstoffe dagegen im kalten Farbbad. Die Färberei war eine sehr schmutzige Arbeit, weil Farbreste oder ausgewaschene Laugen den Fluss verunreinigten. Darüber wurden gelegentlich Klagen von den Mitbewohnern geführt.

 Auch das Trocknen der Stoffe war nicht einfach zu bewältigen, denn die Stoffbahnen mussten der Länge nach aufgehängt werden können. Meist benutze man dafür hohe Trockenböden oder Holzgestelle auf Bleichwiesen, anderen Orts gab es Färbertürme. Die typischen Färberhäuser des 17. und 18. Jahrhunderts hatten an der Traufseite und unter dem Dachüberstand rechenartige Vorkragungen angebracht, woran die nassen Bahnen aufgehängt wurden.

 Die Gesellen erhielten Wochen- oder Vierteljahreslohn, da der Färberalltag meist vom Wetter abhängig war. Die Winterszeit eignete sich nicht zum Färben. Für die Färbergesellen spielte die Wanderschaft, meist drei Jahre, eine wichtige Etappe der Ausbildung. Sie war die „hohe Schule“ ihres Handwerks, denn bei fremden Meistern konnten die Färbergesellen die Geheimnisse der Farben entdecken und die Kenntnisse über die Natur und Alchemie erweitern. In Wanderbüchern wurden nicht nur die Meisterstationen vermerkt, sondern ebenso neuartige Farbrezepte gesammelt, die sie zukünftig anwandten.

 Im Verlauf des 18. Jahrhunderts vollzog sich ein Wandel in der handwerklichen Färberei durch die Entwicklung der Naturwissenschaften und insbesondere der Chemie, etwa zeitgleich setzte die Industrialisierung der Baumwolleproduktion ein, womit die Stofffärberei sich zur Massenproduktion ausweiten konnte. Die Färberei schaffte im 19. Jahrhundert den Übergang zu einem modernen Beruf, der Wissenschaft und Technik, Handwerk und uraltes Wissen vereinte. Dieser Fortschritt vollzog sich rasant durch stetige Neuentdeckungen u.a. der ersten künstlichen Farbstoffe (1771), der Anilinfarben (1859).

 Typisch für die Wandlung in der Färberei steht auch der Werdegang eines Rostocker Färbermeisters, der aus der berühmten Rostocker Krahnstöver-Dynastie stammte. Ernst Albert Friedrich Krahnstöver (geboren am 13. März 1846 Hopfenmarkt 17), Sohn eines Goldschmieds, wollte ursprünglich Chemiker werden. Nach dem Kompromiss mit dem Vater sollte er die Färberkunst erlernen. Krahnstöver erlernte mit 16 Jahren die Färberkunst und ging anschließend auf Wanderschaft.

 1869 eröffnete er im elterlichen Haus einen Färberbetrieb. Nach 20-jährigem erfolgreichem Geschäftsbetrieb in Rostock, übersiedelte die Familie Krahnstöver 1889 nach Amerika. Seine Wahlheimat wurde Milwaukee, eine damals 250.000 Einwohner zählende Stadt im Bundesstaat Wisconsin. Im deutschen Viertel, in der North Avenue, richtete er ein Färber- und Reinigungsgeschäft „Badger dye Works“ ein. Es gelang ihm vier Konkurrenzfirmen aufzukaufen, womit die Firma zum größten Dienstleister seiner Branche wurde und er später mit seinem Unternehmen expandierte.

 Ungefähr im gleichen Jahr 1907 existierten im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin je 2 Woll- und Leinenfärbereien für Stoffe sowie 26 Färberbetriebe für Kleidung verbunden mit chemischer Reinigung, die insgesamt 120 Personen beschäftigten.


Autorin: Hannelore Kuna

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