Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Glasmacher

Glasmacher

 

Glasmacher- bzw. Glasbläserarbeit war früher eine körperlich sehr anstrengende Arbeit. Unter einer Gluthitze wurde alles Glas mundgeblasen und somit in die gewünschte Form zu Ballons, Flaschen, Gläsern oder Lampen gebracht. Im Sinne des Wortes wurde der durch große Hitze zähflüssig gemachten Glasmasse Luft und Leben eingehaucht, was schon starke Manneskräfte und Lungen forderte. Ansonsten benötigten die Glasbläser wenig an Werkzeugen und Hilfsmitteln. Sie benutzten die lange Glaspfeife bzw. das Blaserohr, die Glasschere und eine Drehzange und ihr praktisches und auch künstlerisches Geschick. Das Arbeitsleben begann mit 15 Jahren, und nach 20-30 Arbeitsjahren waren die Männer durch braune Gesichter, Hände und Arme und oftmals durch geschädigte Augen gekennzeichnet.

  Der Beruf des Glasbläsers war in früheren Zeiten nicht selten ein Wanderberuf. Neben den bekannten Grundmaterialien für Glas wie Quarzsand, Lehm, Kalk und Pottasche benötigte die Glasbläserei viel Holz, Torf oder Kohlen zum Feuern. Und Holzknappheit war mitunter der Grund zur Stilllegung einer Glashütte auch schon nach wenigen Jahrzehnten oder Jahren. Dafür entstand an anderen waldreichen Orten, beispielsweise nach großem Windbruch, wieder eine neue Glasmacherei. Und so zog die Glasbläserfamilie um.

 So holten die Adelsherren v. Stolzenburg, Bernd Otto v. Ramin und Hans Christian v. Schack vom Rittergut Stolzenburg (heute Stolec in Polen) die Glasbläser-Gebrüder Zänker ins Land und ließen auf ihrem Vorwerk (heute der deutsche Ort Glashütte) eine Glashütte mit acht Gebinden sowie drei Wohnhäusern mit vier Gebinden errichten. Am 9. Juni 1665 nahm die Glashütte die Arbeit auf, die bald drei Glasmacherfamilien beschäftigen konnte. Der letzte Unternehmer, Rittergutsbesitzer Adolf Distel, übernahm die Glashütte 1904 und führte den Betrieb, bis die „Glashütte der Herrschaft Stolzenburg“ im Jahr 1929 als letztes Werk in Vorpommern geschlossen wurde. Die Stolzenburger Glashütte schuf sich zwei große Niederlagen in Berlin und Stettin, um den Absatz der Waren zu gewähren. Um 1900 bestellten zeitweise bis zu vierzig Brauereien von Stolzenburg ihre Flaschen, darunter die Berliner Schultheiß-Brauerei. Gearbeitet wurde um 1906 mit 1 Hafenofen, 12 offenen Häfen, 1 kontinuierlichen Wanne und gefeuert wurde mit Steinkohlen, Holz und Torf. 200 Arbeiter erstellten eine Jahresproduktion von 6 Millionen Flaschen für Bier und Selters und 80000 Ballons für Wein. Von der alten Glasmacherzeit in der Ortschaft berichtet heute ein kleines Museum.

 So verhandelte beispielsweise vor über 300 Jahren in Stettin die Schwedische Regierung mit dem holsteinischen Glasmachermeister Johann Jürgen Gundelach um Anlegung einer Glashütte auf dem Scharmützelberg, dem heutigen Ferdinandshof. Der Meister Gundelach warb Glashüttenarbeiter aus Holstein, Mecklenburg, Sachsen und Thüringen an, mit denen die Siedlungsstelle urbar gemacht und Betriebs- und Wohnstätten errichtet werden konnten. 1707 ging hier die zweite Glashütte Vorpommerns, nach dem Standort Stolzenburg, in Betrieb. Johann Jürgen Gundelach war Glashüttenpächter und Glashändler zugleich, kümmerte sich selbst um den Vertrieb der Waren. Seine Glashütte stellte so genanntes grobes grünes Glas, wegen der Farbe auch Waldglas genannt, als Fensterglas und Flaschen her. 1722 entstand auf nahe gelegen Johannisberg (später Wilhelmsburg) ein Zweigunternehmen Gundelachs für feineres Glas (Kreideglas), diesmal gefördert durch den preußischen König. Nach 1748 waren die Brennholzvorräte an beiden Hüttenorten erschöpft und die Glasfertigung wurde nach Meiersberg und Heinrichsruh verlegt. Doch auch hier konnten die Glashütten nicht mehr lange arbeiten.

 Eine weitere vorpommersche Glashütte arbeitete seit 1833 in der Stadt Loitz. Sie hatte Friedrich Lippert errichtet. Die zugleich erste Industrieansiedlung der Stadt fertigte zunächst grünes Hohlglas und medizinische Gläser, viele Waren gingen nach Rostock. Später gab es eine Niederlage in Stettin. Die 120 Arbeiter der Pommerschen Glashüttenwerke G.m. b. H. zu Loitz fertigten im Jahr 1906 2 Millionen Flaschen, Korbflaschen, Demijohns; 1 Million Verschlüsse und 5.000.000 Strohhülsen. Die Glasbläsergenerationen von Loitz arbeiteten fast 80 Jahre lang hier und erlebten bis 1912 eine wechselvolle Produktionsgeschichte.

 Die jüngste Glashütte in Vorpommern entstand in Damgarten. Das Werk wurde 1850 gegründet und erzeugte Flaschen aller Art. Die Jahresproduktion betrug per 1906 2,5 Millionen Flaschen, erzeugt von 75 Arbeitern, mit einem Glasofen und 8 offenen Häfen (Wannen). Die Damgartener Glashütte hieß zuletzt Schutt & Ahrens GmbH und schloss 1907 ihre Pforten.


Autorin: Hannelore Kuna.

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