Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Glasmaler

Glasmaler


 Die Arbeiten der Glasmaler beeindrucken immer noch durch ihre handwerklichen Leistungen einerseits und mehr noch ihre künstlerische Umsetzung anderseits. Geschichten mit religiösen Motiven aus farbig gemaltem lichtdurchlässigem Glase werden darin erzählt. Solche frühen Arbeiten sind jedoch recht selten erhalten und fast wäre diese besondere Art der Glasmalerei unwiederbringlich verloren gegangen.

 Die besten Glasmaler erreichten ihre Meisterschaft indem sie Handwerk und Kunst in ihren Arbeiten mit dem Glas mit einander verbanden, denn die besten Glasmaler hoben sich durch ihre künstlerischen Leistungen vom einfachen Handwerkerstand ab. Zugleich ist bekannt, dass sich bedeutende Künstler wie Albrecht Dürer und Lukas von Leiden zeitweise der Glasmalerei zuwandten und selbst eindrucksvolle Glasgemälde geschaffen haben. Zentren der Glasmalerei in Deutschland waren Nürnberg und Augsburg, wobei in Europa im 15. und 16. Jahrhundert dieses Kunsthandwerk in hoher Blüte stand. Die Glasmalerei wurde im Spätmittelalter hauptsächlich durch den Kirchenbau gefördert, der gotische Baustil ab 13. Jahrhundert brachte gegenüber dem vorangegangenen romanischen Baustil große, hohe spitzbogige Fensteröffnungen hervor, mit denen insbesondere das Licht in die Kirchen kam, das widersprach der zeitgemäßen Vorstellung von göttlicher Würde und dem Ernst eines Gotteshauses. Das einfallende Licht sollte wieder gedämmt werden und dies wurde zur Aufgabe der spätmittelalterlichen Glasmalerei. So wurden Fenster geschaffen, die in ihren lang gestreckten neuen Formen viel Licht einließen und zugleich in prächtigen Farben religiöse Bildmotive (Heilige, Evangelisten, Bibelszenen u. a. ) sowie Porträts und Wappen der Kirchenpatrone, also von Kaisern, Königen, Bischöfen, Herzögen, Markgrafen und Adelsherren, auf Glasmaterial, dem grellen Lichteinfall Einhalt geboten. Die lichtdurchlässigen Fenster brachten eine neue Raumwahrnehmung in der Kirche für die Menschen und die Geschichten der Glasfenster konnte wohl ein jeder Mann verstehen.

 Vermutlich war es auch nicht anders in Rostock. Mittelalterliche Glasmalereien sind Kirchen durch die vielen Kriegszerstörungen nur noch spärlich vorhanden; in St. Marien existieren figürliche und ornamentale Glasmalereien vom Ende 19. und aus Anfang 20. Jahrhundert. Davon sind drei bemalte bunte Bleiglasfenster mit Christus, König David und Johannes, 1893 anfertigt worden. Ende 2005 wurden sie von einer Berliner Glasmalerei restauriert und erstrahlen heute in 25 m Höhe über dem Chorscheitel in neuem Glanz. 

 In der Seestadt ist das Amt der Glaser, in dem auch die Glasmaler zunftmäßig organisiert waren, seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar. Für die Stadtverteidigung hatten diese Handwerker damals 2 Bewaffnete zu stellen. Von Anbeginn waren die Glaser mit den Malern wie auch in Lübeck oder Stralsund in einem Handwerksamt vereinigt. Aber unter den Glasern oder Malern gab es nur wenige Meister, welche die Glasmalerei wirklich künstlerisch beherrschten.

 Wappen und Siegel der Glaser und Maler von Rostock enthalten einen großen Schild, auf welchem drei kleine Schilde abgebildet sind. Das Amt war vermögend und hielt in der Kirche St. Marien eine Vikarie mit Altar. Am 24. August 1557 präsentierten die „olderlude des glesewerkes vnnd melerampts to Rostock“ Herzog Ulrich, dem Administrator des Bistums Schwerin, Magister Lucas Randow, Prediger an der Kirche des Heiligen Geist Hospitals, zum neuen Vikar, da der vorherige Matthäus Katte verstorben war. Er predigte und sorgte nun für die religiösen Bedürfnisse der Gewerksmitglieder, vermutlich aber nicht mehr allzu lange, da der Protestantismus diese religiöse Tradition abschaffte und somit auch die privaten Altäre aus den Kirchen entfernt wurden. 

 Aufträge für Glasmaler gab es durch die vier Pfarrkirchen der Stadt. Als Auftraggeber kamen auch die städtische Verwaltung (für Fenster im Rathausgebäude), die Universität, vermögende Privatbesitzer für reich auszugestaltende Bürgerhäuser, Adlige für ihre Familienwappen oder die Gilden selbst, für Zunftwappen auf Glas usw., in Betracht. Im Jahr 1515 wurde mit dem Rostocker Meister Hans Goldschmied vereinbart, für die Kirche im Kloster Doberan eine „vermalte Tafel“ für einen halben Gulden und eine "unvermalte" Tafel für sieben Schillinge anzufertigen. Ende 17. und im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts arbeitete in Rostock der Glasermeister Jürgens, dem nachgesagt wurde, dass er der letzte „glasmalende“ Glaser gewesen sei. Auch soll er sein Berufsgeheimnis, was sicher die Farbmischungen betraf, dem Sohn übergeben haben, der jedoch die Glasmalerei nicht gut auszuführen verstand. So ging das besondere Kunsthandwerk in der Familie wohl verloren.

 Tatsächlich war um diese Zeit die Glasmalerei in ganz Deutschland und nicht nur in Rostock bereits ein ausgestorbenes Handwerk und man beklagte allgemein, dass die Kenntnis der Glasmalerei verloren gegangen sei. Was über die Jahrhunderte erhalten blieb, waren einzelne Werke der alten Glasmaler und diesen alten Meistern versuchte man wieder nachzueifern und ihre Kunst nach zu empfinden. 

 Erst nach 1800 erwachte die Glasmalerei wieder zum Leben. Carl Schreinert (geb. 1791 in Dresden, später bei der Meißner Porzellanmanufaktur) stellte eine größere Arbeit für die restaurierte Klosterkirche in Doberan her. In Bayern erhielt die Glasmalerei durch König Ludwig wieder Aufschwung und Ludwig II. ließ in der 2. Hälfte 19. Jahrhundert erstmals in der Geschichte eine staatliche Glasmalerschule gründen.

 Ein tüchtiger Glasmaler musste Zeichner und Maler zugleich sein. Glasmaler, die die künstlerischen Fähigkeiten dazu nicht hatten, mussten mit einem Künstler kooperieren. Das Motiv wurde vorgezeichnet auf Karton oder in Kupfer gestochen und bei unfarbigem Glas die bunten Farben (Purpur, Blau und Grün) nach der Zeichnung auf der Rückseite des Glases aufgetragen. Auf der Vorderseite wurde mit Schwarz gearbeitet und mit verschiedenen Maltechniken die dunkle Farbfläche mit der Feder schraffiert oder mit dem Pinsel tuschiert, um mit Schatten und Umrissen dann die schönsten Lichteffekte erzielen zu können. Bei farbigen Gläsern arbeitete man häufig mit dem dunklen Schwarz und solchen Maltechniken, sodass die Farbe im Hell-dunkel-Effekt durchs Glas hindurch schien. An Frei-Stellen, wo die Grundfarbe des Glases allein dominieren sollte, musste das Schwarz dann völlig mit der Feder bzw. dem Messer wieder entfernt werden. Die alten Glasmaler des 15. Jahrhunderts verwendeten grundsätzlich farbiges Glas, das ein jeder Glashüttenmeister selbst vermischte und seine prächtigen Farben ein Geheimnis blieben, da sie die Rezepturen niemals weitergaben. Dann wurden einzelne bemalte Scheiben in Blei eingefasst, sodass sich im Verbund die mehrteiligen Glasfenster der gotischen Kirchen und der Renaissance aufbauen konnten. Zum Schluss des Arbeitsprozesses erfolgte das Einbrennen der Farben im erhitzen Ofen. Die Glastafel wurde durch Hitze soweit flüssig gemacht, dass die Farbe in die Schmelze einfloss und sich mit dem Glas dauerhaft verband, was insgesamt 14 Stunden dauern konnte. Es gab auch Glasmaler, die nur diese letzte Technik beherrschten und ausführten und alle Vorarbeiten den Künstlern überließen, das war bereits eine getrennte Spezialisierung.

 Die alten handwerklichen und künstlerischen Techniken konnten sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts auch die Glasmaler Mecklenburgs wieder erarbeiten. Ein Großauftrag erhielten die mecklenburgischen Glasmaler 1859 mit der Restaurierung der Schlosskirche zu Dargun. Für die Kirche wurden 42 adlige Wappen, 1 Helm und 2 Tafeln Inschriften teils restauriert, teils neu hergestellt. Weiterhin wurden im Chor der Kirche durch den großherzoglichen Glasmaler Gillmeister aus Schwerin drei Fenster Glasmalereien mit den Bildern von Heiligen und den Wappen von dem am Ausbau der Kirche und des Klosters Dargun (1464 angefangen) beteiligten mecklenburgischen Herzögen.

 Noch Ende 19. Jahrhundert stand in Rostock in der Schmiedestraße Nr. 10 (heute etwa Lange Straße gegenüber St. Marien) ein Gebäude mit einer Glasmalerwerkstatt. Nach dem Archivrat und Konservator Friedrich Lisch, der dieses Gebäude 1879 auf Hinweis des Doberaner Hofglaser Beckmann besichtigte und beschrieb, war das Gebäude „von außen schwarz mit weißen Leisten getüncht und der schwarze Grund mit Verzierungen von Glas ausgelegt, eine Eigentümlichkeit, welche sich auch in anderen Städten fand und auf alte Glaserhäuser und deren Restauration im 18. Jahrhundert verwies. Bei dieser Besichtigung befanden sich in den Fenstern noch mehrere alte Glasmalereien aus dem 16. und 17. Jahrhundert“, von denen Lisch sehr beeindruckt war. Autorin: Hannelore Kuna.

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