Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Goldschmied
Das Goldschmiedehandwerk zählt mit zu den ältesten kulturtechnischen Berufen. In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts werden Goldschmiede bereits in 50 Städten des deutschen Reichsgebiets erwähnt. In Norddeutschland zählte Lübeck als führende Hansestadt während der Blütezeit des hansischen Städtebundes zu den bekannten Goldschmiedestädten, Köln aber nahm bis ins 14. Jahrhundert den bedeutendsten Rang ein. Seit dem ausgehenden Mittelalter verlagerte sich das Schwergewicht auf süddeutsche Städte, zunächst auf Nürnberg und dann auf Augsburg, aber auch Residenzstädte wie Dresden und Berlin wurden Zentren dieses Handwerks.
Der erste Rostocker Goldschmied „Johannes aurifaber“ ist etwa von 1259 bis 1288 in den alten Stadtbüchern nachweisbar. Im 13. Jahrhundert werden in den Urkunden und Akten sechs, im 14. Jahrhundert 18 Goldschmiede genannt. Eine Zunft wird 1338 als vorhanden genannt. Im Jahr 1822 arbeiteten hier 9 und 1867 12 Goldschmiedemeister (davon 2 als Graveure) und bis 1888 bestand das Amt der Goldschmiede. Seit dem Jahr 1569 sind Amtsrollen, Meisterbücher, Einschreibebücher, Schriftverkehr u. a. überliefert. Insgesamt sind in der Hansestadt von den Anfängen bis Ende 19. Jahrhundert etwa 100 Goldschmiedemeister nachgewiesen, rechnet man auf einen Meister bis zu 3 Gesellen, dann beschäftigten sich ca. 300 Menschen mit diesem Handwerk. Goldschmieden verarbeiteten edle Metalle wie Gold und Silber, in neueren Zeiten auch Platin, zu verschiedensten Gebrauchs- und Repräsentationsgegenständen der Alltagskultur. Das Material, was sie verarbeiteten, war das wertvollste, was einem Handwerker in die Hände kam. Aus den Werkstätten stammen Becher, Zuckerdosen, Löffel, Löffelchen, Fischgabeln, Sahnekännchen, Salznapf, Teesieb, Vorlegeschaufel, Leuchter, Verzierungen, Pokale, Patene, Deckelhumpen, Oblatendosen und solche sakralen Gegenstände wie: Abendmahlskelche, Taufkannen, Taufbecken, Klingelbeutelfassungen. Schmuckgestaltungen in vielerlei Arten und Formen gehörten von je her zu den filigransten Anfertigungen und sie fanden zu jeder Zeit Auftraggeber als Zeichen besonderer Wertschätzung. Im Mittelalter waren die Fürstenhöfe, Kirchen und Klöster die Hauptauftraggeber für Gold und Silberarbeiten. Später ließ sich so mancher Handelskaufmann kostspielige Dinge anfertigen. Mit den kostbaren Gebrauchsgegenständen und wertvollen Schmuckstücken wurden sozialer Stand und Wohlhabenheit präsentiert, nicht nur wenn Gäste ins Haus kamen, sondern ebenso in der Öffentlichkeit.
So gehörte das Goldschmiedehandwerk in Rostock zu den besser situierten und angesehenen Professionen. Das zeigte sich auch darin, dass viele der Meister sich als passable Hausbesitzer nachweisen lassen. Nicht selten sind Goldschmiedehandwerker im ersten Bürgerstand als Schwiegersöhne ehrwürdiger Ratsfamilien zu finden. Der Goldschmied Jacob Friedrich Borgwedel (1734-1810) war z. B. so wohlhabend und angesehen, dass er sich in der St. Marienkirche begraben lassen konnte.
Die hohen Anforderungen des Handwerks in Verbindung von technischem Wissen und praktischer Fertigkeit bedingten eine verhältnismäßig lange Ausbildung. Die Lehrzeit betrug bis ins 16. Jahrhundert hinein 4 Jahre, danach wurden 4 bis 6 Gesellenjahre, einschließlich der Wanderjahre, verlangt, ehe sich der Gold- und Silberarbeiter um eine Meisterstelle bewerben konnte. Dann war die Anfertigung eines Meisterstücks obligatorisch, das zumeist in der Herstellung eines Ringes mit gefasstem Stein, einem geschnittenen Siegel und einem Trinkbecher nach freier Wahl bestand.
Eine besondere Spezialisierung, wie im süddeutschen Raum in Silbergießer, Silberdreher oder Silberkistler, bildete sich in Rostock naturgemäß nicht heraus. Hier blieb es traditionell beim Gold- und Silberarbeiter. Gold wurde für kleine Formate, insbesondere für Schmuck, üblicherweise in Gusstechnik (durch Ausschmelzen oder im Sandgussverfahren) verarbeitet. Für größere Produkte, wie einem Trinkbecher, wurde zuerst Gold zu Blech geschmiedet, dann aus dem Blech der Hohlkörper geschlagen (aufziehen), eventuell der Henkel gegossen und angeschmiedet, und abschließend die Oberfläche durch Ziertechniken (Ziselieren, Gravieren oder Emaillieren) dekoriert. Oder, in filigraner Arbeit wurden Edelsteine mit Gold gefasst. Das meist verarbeitete Material war aber Silber, das für viele „festliche“ Gebrauchsprodukte des repräsentativen sowie religiösen Lebens zur Anwendung kam.
Gold und Silber waren natürlich zwei äußerst kostbare Materialien, die streng nach dem festgelegten Gewicht berechnet und gehandelt werden mussten, damit auch Fälschungen und Übervorteilungen ausgeschlossen wurden. Ein selbstsüchtiger und gewinnsüchtiger Meister hätte sonst leicht Silber mit Kupfer, Gold mit etwas Silber oder auch Kupfer oder mit beidem vermischen können, was dem Kunden nicht aufgefallen wäre. Für Gold- und Silberwaren galt bis zur Einführung einer einheitlichen Maß- und Gewichtsordnung das Kölner Markgewicht (heute 233,86 g).
Beim Silber wurde die Mark in 16 Lot und ein Lot wieder in 4 Quent oder 18 Gran unterteilt. Eine Mark Feingold setzte sich aus 24 Karat zu je 18 Gran zusammen. Reines Gold ohne Beimischung war daher 24 karätig. Bei einem Zusatz von 8 Karat, blieb das Gold noch 16 karätig. Silber frei von jeder Beimischung war 16 lötig, zwei Karat Zusatz machten das Silber 14 lötig. Üblich im Mittelalter war 15 lötiges Silber und 18 lötiges Gold. Im 18. und 19. Jahrhundert erreichte der Feingehalt 12 Lot.
Und woher Gold und Silber nehmen? Ihr Material bezogen die Goldschmiede oft als Bruchsilber oder über die städtische Münze. Ein großer Anteil dieser edlen Materialien steckte in den damals umlaufenden Münzen. Erst die Reichsmünzordnung von 1559 erlaubte dem Goldschmied das Brechen und Schmelzen von Münzen zum eigenen Bedarf. Üblich war auch die Anlieferung älteren Silbers und Goldes durch den Auftraggeber.
Goldschmiedearbeiten einzelner Meister waren gewissermaßen auch ein Aushängeschild der Stadt Rostock, die im Mittelalter wie andere Städte auch, die Stempelung der Stücke verordnete. Als Stadtbeschaumarke kam das „R“, das Initial der Stadt Rostock zu Anwendung. Ab 16. Jahrhundert durften eigene Meistermarken verwendet werden und ergänzten die Stadtbeschaumarken, die im Meisterbuch des Goldschmiedeamts eingetragen wurden. Durch das Reichsgesetz von 1884 galt eine allgemeine Stempelpflicht. Die Marken dienen heute als wichtiges Hilfsmittel zur Bestimmung von Provenienz und Künstler, wenn z. B. auf dem Flohmarkt erworbene Gegenstände auf ihren „tatsächlichen“ materiellen Wert bestimmt werden sollen. Häufig lässt sich dabei der ideelle Wert des Käufers nicht übertrumpfen.
Insgesamt sind die noch vorhandenen originalen Exponate Rostocker Goldschmiedekunst zählbar. Einige Stücke sind in Privatbesitz gelangt, andere werden in Museen Mecklenburgs oder im Kunst- und Gewerbemuseum zu Hamburg aufbewahrt oder sie befinden sich als sakrale Kleinkunst in den Rostocker Kirchen.
Einige ältere Rostocker Goldmacherstücke befinden sich sogar in der staatlichen Rüstkammer zu Moskau, wurden von den Zaren erworben oder ihnen als Geschenk überreicht
Autorin: Hannelore Kuna
Goldschmiede zu Güstrow
Die erste erhaltene Amtsrolle der Güstrower Goldschmiede stammt von 1562. Die Meister traten damals zu einem Vergleich zusammen, weil die Goldschmiedezünfte landesherrlich geschlossen (auf eine Stellenzahl begrenzt) wurden. Für Güstrow ließ man 6 Meister zu, in Rostock konnten 9 Meister arbeiten. Die Meisterzahl von Güstrow war im Vergleich zur weit größeren Seestadt Rostock hoch, aber doch einer fürstlichen Residenzstadt angemessen.
Das Amt hielt sich anfangs einen Schreiber, der einen Gulden als Besoldung erhielt. 1590 wurde die Amtsrolle durch Herzog Ulrich (1527-1603) konfirmiert, 1611 erneut durch Herzog Hans Albrecht bestätigt und in einigen Artikeln erweitert.
Die Goldschmiedemeister waren angesehene und wohlhabende Bürger der Stadt und verbuchten für sich einen gebührenden Kirchenplatz. 1567 ließ das Goldschmiedeamt im Dom ein Gestühl mit 5 Plätzen errichten. Einer der ersten Altermänner der Innung, Max Kreiten, genannt Unger und Altermann von 1562-1589, hat sich mit Gattin auf einem gemalten Epitaph in der Pfarrkirche zu Güstrow verewigen lassen. Ähnlich der Goldschmied Hans Krüger, 1583 gestorben, an den ein Kreuzungsrelief aus Sandstein im Dom erinnert.
Im gesamten Zeitraum von 1562 bis zum 1. Weltkrieg arbeiteten etwa 60 Goldschmiedemeister in Güstrow. Die Reihe der Zunftmitglieder beginnt mit dem Meister Jacob Grote 1562, führt zu Johann Friedrich Heinicke um 1800 und weiteren Meistern. Von 1762 bis 1826 traten 37 neue Meister in das Amt ein, die aber nicht alle der Stadt Vorderstadt Güstrow zuzurechnen waren, da in jenen Jahrzehnten auch auswärtige Goldschmiedemeister der kleineren Städte des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin Mitglied der Güstrower Goldschmiede-Innung werden konnten. Neben den Amtsmeistern gab es zeitweise einen Freimeister mit herzoglicher Genehmigung.
Die hohen Anforderungen des Handwerks bedingten eine verhältnismäßig lange Lehrausbildung. Die Lehrzeit betrug mindestens 4 Jahre, zwischen 1700 und 1800 waren auch Lehrzeiten bis zu 7 Jahren keine Seltenheit. Ein Lehrgeld von den Eltern zwischen 2 und 4 Gulden war stets zu entrichten. Ebenso wurde eine Gebühr für das Ausschreiben (Lehrbeendigung) gefordert. Ab 1676 führte das Goldschmiedeamt ein Lehrjungenverzeichnis.
Als Meisterstück forderte das Amt drei Goldschmiedearbeiten: 1. einen Pokal mit gedoppelten Bauch, hohem Mundstücke und Deckel, 2. einen goldenen Ring mit Stein darin und 3. ein Petschaft (Stempel, Siegelring) mit einem vollständigen Wappen. Auch früher kostete der Meistertitel Geld. Ein fremder Geselle musste, bevor er an der Arbeit für das Meisterstück begann, dem Amt 4 Taler einreichen und nach der Fertigstellung innerhalb eines Jahres weitere 4 Taler. Wenn er zugleich in angemessener Zeit eine heimische Goldschmiedemeistertochter oder Witwe heiratete, verringerte sich das Meistergeld auf die Hälfte.
Goldschmiedearbeiten einzelner Meister waren ein Aushängeschild für die Stadt Güstrow, die wie in anderen Städte auch, die Stempelung der gefertigten Stücke erforderte. Zuvor wurde das Erzeugnis von einem Schaumeister auf den richtigen Feingehalt vom Gold oder des Silbers geprüft. Gewissermaßen übernahm die Stadtobrigkeit die Verantwortung vor dem Kunden. Ohne Beanstandungen konnte die Stadtbeschaumarke „G“, das Initial der Stadt Güstrow, mit der entsprechenden Jahreszahl aufgeschlagen werden. Ab dem 16. Jahrhundert durften dazu eigene Meistermarken verwendet werden und ergänzten die Stadtbeschaumarken. Durch das Reichsgesetz von 1884 galt eine allgemeine Stempelpflicht. Die Marken dienen heute als wichtiges Hilfsmittel zur Bestimmung von Provenienz und Künstler.
Die Zeit hat das Ihrige getan. Insgesamt sind die noch vorhandenen Exponate Güstrower Goldschmiedekunst im Dom und in der Pfarrkirche, aber auch in einigen anderen Gotteshäusern Mecklenburgs, zählbar.
Autorin: Hannelore Kuna