Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Holzsetzer

Holzsetzer
 
 Die Holzsetzer waren über Jahrhunderte hinweg die maßgebenden und vom städtischen Rat vereidigten Sachverständigen für Holz. Sie kannten sich genau in den handelsüblichen Holzsorten, deren Qualitäten und festgelegten Handelsmaßen über die Stadtgrenze hinaus aus. Sie verwalteten auf eigene Rechnung die Holzhöfe, an dieser zentralen Stelle lagerte das Holz für sämtliche Baugewerke, für die Böttcher und Tischler.

 Holz war von Anbeginn ein bedeutendes Wirtschaftsgut und wichtiger Rohstoff zum Lebensunterhalt. Außerdem waren die Stadtwälder unverzichtbar zur Lebensraumgewinnung und -gestaltung für die Menschen. Eine besondere Rolle spielte stets die Brennholzverwaltung über die Jahrhunderte, denn Brennholz war lange Zeit bestimmender natürlicher Wärme- und Energiespender, bevor Torf und Kohle in den Haushaltungen eingesetzt wurden. Die größten Holzplätze gab es in Rostock am Strand vor der Stadt, die nahe den Holzschiffwerften lagen.
Unter der Regie der Holzsetzer wurde das Holz entsprechend der handelsüblichen Mengen gestapelt und gelagert oder fremde Waren daraufhin kontrolliert. Diese Qualitätsprüfung, auch Nachschau, war seit Alters her als Wracken bekannt (ähnlich beim Heringshandel). Bis etwa 1770 waren Holzsetzer und Holzwracker spezialisierte Berufe und Positionen, deren Aufgaben später vom Holzsetzer eigenständig ausgeübt wurden. Wie in Lübeck wurde die Holzsetzer-Arbeit bis etwa 1800 als Lehn vom Rat für ein Einstandsgeld und jährliche Pacht vergeben, worauf der Holzsetzer eigenständig arbeiten und verdienen konnte. 1836 waren in Rostock 5 und 1850 4 Holzsetzer tätig, die ihrerseits mehrere Tagelöhner beschäftigten. Danach gehörten die Holzplätze dem Bauamt der Stadt Rostock an und wurden von städtischen Beamten beaufsichtigt.
 Holz kam in verschiedenen Arten und meist zweckbestimmt nach Rostock, wobei Bauholz aktenkundich frühzeitig aufgeführt wird, dagegen ist vom Schiffsbauholz erst später zu erfahren. 
 Das beste Schiffsbauholz, eichene Masten, Balken, Spieren, Planken, gelangte von Anfang an über den Seeweg aus Stettin, Danzig, Königsberg, Memel oder Elbingen her. Memel schickte mächtige Holztransporte aus den benachbarten russischen und polnischen Provinzen nach Westen weiter. Alles Holz zum Häuserbau wurde in den ältesten Stadtbüchern Rostocks zusammengefasst als „ligna edificialia“ bezeichnet, gelegentlich in Stückzahl nach Hunderten gezählt oder nach Ladung von 1 bis 2 Prahm. Ein Prahm war eine Schiffsladung, der an Land ein Raummaß von etwa je 10 Faden Holz gesetzt entsprach. 1519 wurde durch Sondervertrag mit Herzog Heinrich aus den Ämtern Güstrow, Ribnitz und Gnoien gutes Holz nach Rostock verkauft, damit die Stadt wachsen konnte.
 Bereits seit 1260 erschien in den Aufzeichnungen mehrfach das von den Böttchern zu Herstellung von Tonnen benötigte Dauben- oder Stabholz, das in Stückzahl gehandelt wurde. Um 1254 wurden erstmals Dielenbretter erwähnt.
Brennholz wurde zu allen Zeiten von den Leuten und einigen Gewerken benötigt. Die Bäcker, Bierbrauer und Branntweinbrenner der Stadt feuerten mit Buche, selten mit Eiche, die natürlich zu kostbar war.

 Die einzelnen Haushaltungen hatten große Mühen sich regelmäßig mit Brennholz für den Winter zu versorgen. Steinkohlen aus England waren unerschwinglich und Torf aus der Umgebung auch nicht preiswert. Der Torfpreis richtete sich in der Regel nach dem durchschnittlichen Holzpreis. Der größere Teil an Brennholz kam aus weit entfernten Forsten in Mecklenburg, teilweise auch aus dem benachbarten Pommern.

 Ab Sommer-Ende gehörten die durch die Stadttore einfahrenden Fuhrwagen mit Holz ebenso wie die Kornfuhren zum alltäglichen Rostocker Stadtbild. Je weiter entfernt die Transportwege waren, umso höher stieg der Holzpreis. Nur wenig Brennholz wurde per Schiff aus dem Ostseeraum zugeführt; meist war es eine Nebenfracht, die zum Stauen der Balken- und Bretterware auf der Fahrt diente.

 Einheimisches Brennholz war etwas preiswerter im Erwerb für die Bürger, da es aus den umliegenden Wäldern der Rostocker Heide kam. Die Stadt verfügte seit 1252 darüber als Eigentum, sie verpachtete und regulierte den Besitz. Aber der Konsum von Heide-Holz war nach den Stadtgesetzen beschränkt auf die Hausbesitzer. Für die ärmeren niederen Leute, die sich nur wenig Holz leisten konnten, vergab der Magistrat bei anhaltenden Kälte- und Frostperioden unentgeltlich Feuerholz. Das linderte kaum die große Not und mancher Arbeitsmann griff wegen der Kälte zum Branntwein. Gegen 1830 wurde über sehr hohe Brennholzpreise geklagt, sodass die Anschaffung unerschwinglich war.

  In solchen Zeiten waren die Holzsetzer sehr wichtige Leute, da sie jeden Wareneingang, Kauf und Verkauf von Holz auf die Einhaltung der exakten Menge kontrollierten und dabei noch so kleine Unredlichkeiten und Betrügereien verhinderten. Brennholz wurde selbst regional nach unterschiedlichen Raummaßen gemessen und gehandelt: hier im Norden nach Klafter, Faden oder Haufen (Berlin). In Rostock galt der Faden als geltendes Maß. Wenn der Stapel Holz 6 Fuß 7 Zoll Höhe und Weite hatte, erkannte ihn der Holzsetzer als gültigen Rostocker Faden an. Gewöhnlich waren die Holzkloben auf eine Länge von 2-3 Fuß (60-90 cm) gearbeitet.
 Während Brennholz in Faden gehandelt wurde, musste der Holzsetzer bei Schiffs- und Bauholz mit vielen verschiedenen Größen, Mengen und Zahlen umgehen können. Einige Sorten von Nutzhölzern zählte und handelte man nach Schock (60 Stück). Andere Holz- Waren, wie das Böttcherholz (Pipenstäbe, Oxhoft-, Fass-, Halbfass-, Tonnenstäbe, Franzholz), wurden nach Ringen gehandelt, dann war eine bestimmte Anzahl von Hölzern mit vorgeschriebener Länge zu einem Ring gebunden.

 Bei Schiffsholz einigte man sich in der Regel auf den Kubikfuß, wobei wiederum der Fuß als maßgebende Ausgangsgröße von Ort zu Ort voneinander abweichen konnte. Hier musste der Holzsetzer geduldig das Holz vergleichen, abgleichen und verrechnen, beispielsweise geschah das zwischen den Danziger und Rostocker Maßen.

 Selbst bei der kompletten Schiffsladung mit Holz konnten wesentliche Unterschiede auftreten. Allgemein wurde Holz wie andere Waren nach Lasten verfrachtet, es gab aber auch die Schiffs-Befrachtung nach Großtausend. Großtausend bedeutete früher im Handel über Tausend, also es galt 1200 und für Großhundert galt 120. Eine Großtausend-Ladung aus Stettin für Rostock beinhaltete beispielsweise: 5 Schock Franzholz, 10 Schock Klappholz, 20 Schock Pipenstäbe, 30 Schock Oxhoftstäbe für Weinfässer, 40 Schock Tonnenstäbe und 260 Kubikfuß eichenes Schiffsholz. Sodass letzten Endes ein erfahrener und zuverlässiger Holzsetzer auch über wirtschaftlichen Gewinn und Verlust entschied. 
 Die Vielfalt der Bezeichnungen und Maße im Holzhandel entstand vor allem dadurch, dass wenig Roh-Holz gehandelt wurde. Die Holzerzeuger an Ort und Stelle arbeiteten direkt für die Ansprüche der Gewerke, sodass passgerechtes Holz auf Länge, Breite und Dicke gesägt oder gespalten liefert wurde, als Basis dieser Arbeit galten eigene Stadt- und Landesmaße. Das brachte gelegentlich Unruhe und Zwistigkeiten in die Handelsgeschäfte. Doch niemand anders kannte sich darin besser aus als der Holzsetzer, sodass Recht und Ordnung sowohl aufseiten der Verkäufer als auch bei den Käufern eingehalten werden konnten. Letzten Endes sicherte der Holzsetzer mit seiner Arbeit die Steuereinkünfte (Akzise) auf den Holzhandel für Stadt und Land. 


Autorin: Hannelore Kuna

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