Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Klempner
Das Klempnerhandwerk hat lange Traditionen, es lässt sich bis ins späte 14. Jahrhundert zurückverfolgen, das erstaunt sicher manchen Zeitgenossen. Die für Norddeutschland typische Bezeichnung Klempner geht auf die Geräuschkulisse beim Hämmern auf das Blechmaterial zurück. Nach dem Sprachkundler Jacob Grimm wurde die Berufsbezeichnung Klempner vom althochdeutschen Wort „klampern“ abgeleitet, was letztendlich „Lärm machen“ bedeutete. Andere bekannte Bezeichnungen wie: Blechschmied, Blechner oder Blechschläger bzw. Blechenschläger (Bremen) oder Blickenschläger (Hamburg) wurden nach der Tätigkeit und dem Material schlicht benannt. Im Südwesten Deutschlands, von Westfalen bis Lothringen, hießen die Handwerker dagegen Gürtler oder Spengler, weil zu ihren Haupterzeugnissen Blechspangen zählten. Von Baden bis zur Oberpfalz gehörten auch die Flaschner, die insbesondere Blechflaschen herstellten, zu den Klempnern. Also, die Besonderheit der einzelnen Landstriche brachten eben jene besonderen Zuordnungen der einzelnen Handwerker hervor, was generell auch für andere Handwerke galt und die ganze Kulturgeschichte spannend macht.
Frühe Nachrichten über das Klempnerhandwerk sind aus Vorpommern nur selten überliefert. In den meisten Städten, wie in Anklam, waren die Klempner zugleich Leuchtenmacher und nannten sich dann auch so. Leuchten aus Blech, wie Straßen- oder Handlaternen, zu verschiedensten Zwecken waren in dunklen Jahreszeiten lebenswichtig. Die benutzten Laternen waren kleine geschlossene Hohlkörper, in denen ein Kerzenlicht brannte, und sie waren im Mittelalter ein übliches Beleuchtungsmittel außerhalb geschlossener Mauern und wurden ein Hauptprodukt der Klempner. Er fertigte in der Folge Laternen für die stationäre Beleuchtung auf Hauptstraßen und wichtigen Plätzen der Stadt, für den Boots- und Schiffbau und mobil als Handleuchte für die Stadtwachen und alle Bürger an.
In der neueren Zeit konnte der Klempner seine Produktpalette wesentlich erweitern. Er konnte allseits bekannte Gebrauchsgüter des Alltags aus Blech anfertigen: Lampen, Bettwärmer, Kaffeekannen, Kuchenbleche, Stürze für Teller und Schüsseln, Trichter, Reibeisen, Vorratsdosen, Müllschaufel, Gießkanne, Fischeimer, Wassereimer, Kannen, Reise-, Feld- und Pulverflaschen, Teekessel, Ofenrohre, Dachspitzen, Sargbeschlag und -verzierungen, Vogelbauer, Windfahnen sowie andere kleine Bauteile an Gebäuden - kurzum alle Gerätschaften die zur Bewältigung des täglichen Lebens irgendwie von Nöten waren und gab es sie noch nicht - erfand ein kluger und geschickter Handwerker sie.
Bis um 1750 fertigte der Klempner alle Dinge aus Schwarzblech und der Gebrauch von Kupferblech war ihm zum Schutz des Kupferschmiedehandwerks verboten. Mit der massenhaften Produktion von Weißblech (von verzinntem Eisenblech) seit der Mitte 18. Jahrhunderts konnte der Klempner seine Tätigkeit auf den Hausbau ausweiten, auf die Anfertigung von Dachrinnen und Ablaufrohren aus Weißblech erweitern, wenn auch zunächst nur in bescheidenem Maße.
Der Ablauf von Regenwasser vom Dach musste in den Städten auf Vordermann gebracht werden. Greifswalds Giebelhäuser aus dem Mittelalter stießen mit den Dachflächen aneinander und waren traditionell nur mit Holzdachrinnen ausgestattet, wobei in der Regel die Rinnen über die straßenseitige Hausfront etwas hervorragten und ohne Abfallrohr endeten. Bei starkem Regen ergoss sich das Wasser vom Dach herab auf die Straße, was im Laufe der Zeit den Ärger der Bürger nach sich zog. Mit der Verkleidung der Holzrohre mit Blech und der Anfertigung von direkt an der Hauswand abführenden Rohren in den Rinnstein hatten die Klempner alle Hände voll zu tun.
Das witterungsbeständige Material eignete sich auch für andere Projekte im Bauhandwerk: Blechverkleidungen auf Kuppeln und Türmen, zu Dachkehlen, Einbau von Dachfenstern, Erkern, Gauben, Gesimsen oder Friesen.
Die Arbeitsbedingungen wurden aber komplizierter. Nun schleppte der Klempner neben Hammer, Zirkel, Falzzange, Spitzzange, Schere, Winkelmaß, Zollstock, verschiedene Meißel, hölzerne Gerüste, auch stets einen von ihm selbst angefertigten Blechofen, also Lot und „Lötflammer“, auf die Baustelle mit. Das brachte ihm manchen Spott ein, im plattdeutschen Volkshumor wurde auf ihn Vergleich mit dem Grobschmied, der mit großem Feuer tagtäglich arbeitete, als „de Sünnenschmied“ gelästert.
Seit Anfang 19. Jahrhundert wurden Dächer neben Ziegeln auch vollständig mit Blech gedeckt, was der Klempnerei Großaufträge einbrachte. Zum Einsatz kamen Eisenblech (vernietet), verzinntes Blech (gefalzt und verlötet) und Zinkblech in Tafelform, je nach Preiseinsatz des Bauherrn. Als Materialunterlage diente eine Bretterverschalung oder die Dachsparren mussten dicht aneinandergesetzt sein. Die Qualität der Dachdeckung hing von dem eingesetzten Material und von der Gewissenhaftigkeit des Klempnermeisters und seiner Gesellen ab.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und bis nach 1900 legten sich viel Städte Vorpommerns eine zentrale Gas- und/oder Wasserversorgung zu. Als Stettin 1848, Anklam 1856, Stralsund 1857 und Greifswald 1858 Gasanstalten auf Steinkohlenbasis errichteten, mussten lange Zuleitungen sowie tausende Haus- und Wohnungsanschlüsse angelegt werden. Ebenso aufwendig gestaltete sich die Anlegung von zentralen Wasserleitungen und Kanalisationen: Anklam 1905, Swinemünde 1910, Greifswald 1914/15, Pasewalk 1926. Aus dem traditionellen Klempner wurde durch die Versorgung der Haushalte und öffentlichen Gebäude mit Gas und Wasser aus der Leitung und durch den folgenden hohen Anschlussbedarf von modernen Wasch- und Badeeinrichtungen, ein „Wasser-, Gas- oder gar Heizungsklempner“ und damit ein Vorläufer des heutigen Installateurs.
Autorin: Hannelore Kuna