Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Kreppmacher

Kreppmacher

 

 Kreppmacher gehörten allgemein den Textilhandwerkern an, sie waren spezialisierte Weber, die Woll- und feine Seidenstoffe zu besonderen Oberflächen verarbeiteten und sie solcher Art veredelten. Doch ging die Kreppmacherei erst im 18. Jahrhundert in das textile Handwerk ein. Während die Wollen- und Leinenweber Mecklenburgs hauptsächlich glatte, gemusterte und gefärbte Stoffe fertigten, begann für die Kreppmacher erst dann die eigentliche Arbeit, indem gekräuselte oder gewellte Stoffoberflächen durch spezielle Techniken erreicht wurden. Von diesem Gewerbe arbeiteten nach dem Mecklenburg-Schwerinschen Staatskalender nach 1800 auch einige Meister in Rostock. 
 Die Kreppstoffe wurden in grobe und feinere Qualitäten unterschieden, da gab es den einfachen Krepp, auch bekannt als Kreppon oder Kreppur, sowie den feinsten Kreppflor.
 Der einfache Krepp war ein leinwandartig gewebter Wollstoff und wurde in Bahnen ¾ Berliner Ellen breit und 64 Ellen lang gehandelt. Zur Anfertigung einer Bahn benötigte der Meister etwa 7- 8 Pfund Schafs- oder Baumwolle. Beim Weben drehten die Kreppmacher die Kettenfäden fester zusammen als die Einschlagfäden, was sehr wichtig war. Nach dem Weben wurde das Material in heißes bis siedendes Wasser gelegt und zwar solange bis die Stoffstruktur sich veränderte. Der Wollstoff kräuselte sich dann und es entstand je nach Länge des Wasserbades ein bleibendes Oberflächenrelief. Die hart gedrehten Fäden hatten sich gleichsam gegeneinander aufgedreht, wodurch sich die Wellung über die ganze Stoffbahn zog.

 Um diesen Effekt zu erreichen, kannten die Meister einige wohlbehütete Geheimnisse. Bei verschiedenen Materialien verstärkten sie dieses Kräuseln und Einlaufen z. B. dadurch, dass mit einem Stück kurz geschorenen Kalbfell der Stoff auf einem Brett aufgekratzt wurde. Mithilfe dieser Methode sollte die Kreppstruktur lange haltbar gemacht werden, sodass sie sich auch beim nachfolgenden Färben kaum wieder veränderte. Wenn Krepp-Stoffe zu Kleidungszwecken gut wärmend sein sollten, für die kalte Jahreszeit, wurden sie abschließend gewalkt. Das wiederum war eine anstrengende körperliche Tätigkeit, weil das Material mehrmals mit Wasser und zusätzlichen Seifen bearbeitet werden musste, damit ein festes Gewebe entstand.
 Anfänglich wurden die besten Stoffe in England und der Schweiz (Bern, Zürich, Sankt Gallen, Schafhausen) gefertigt, bis sie auch in deutschen Manufakturen hergestellt wurden. Man webte weiße und schwarze Stoffe oder gefärbte Krepons mit verschiedenen Farben für die Frauen- und Mannskleidung ein. Die schwarzen Kreppstoffe wurden hauptsächlich für Trauerkleidung verarbeitet. Für die einfacheren Leute kamen dafür meist einfachere Stoffe wie Rasch infrage. Schwarz und weiße Stoffe waren ebenso beliebte Modefarben, wozu sich Krepp gut eignete.
 Die Kreppmacherei beruht einerseits auf alte Traditionen, was insbesondere die Trauerkleidung anging, und bediente andererseits modischer Bedürfnisse. Etwa seit 1770 trugen die vornehmen (groß)städtischen Rostocker Damen sehr hoch gebaute Krepphauben auf ihren Köpfen. Darin war das Haar hoch aufgesteckt, wodurch der Kopf lang gestreckt erschien und eine moderne Höhe zeigte. Das die Mode gerne ihre Blüten trieb, lässt sich nicht leugnen, so wollte die Dame gerne vom Krepphäubchen zur mondänen Haube schreiten und es womöglich den Pariserinnen gleichtun.

 „Dass man in Krepp durch sonnige Fluren zieht“, glossiert Friedrich Kind 1807 in „Tulpen“ - Drittes Bändchen die Damenwelt. Und Gottfried August Bürger dichtete hinzu: „Der Krepp wuchs ihr bergan. Auch ward ihr in die Länge, die Schnürbrust mächtig Enge …“

 Dem Handwerk war nicht entgangen, dass der Krepp die Damen in der Sitzhaltung während der Spazierfahrt stark einengte und sie kaum mehr aufrecht sitzen konnten. Daraufhin machten die Wagenbauer die Sitzflächen niedriger. Kurzzeitig versuchten die Herren es den Damen gleichzutun, jedoch ohne Erfolg. Glücklicherweise war diese Mode nicht langlebig, im Biedermeier kam der Krepp-Aufputz runter vom Haupthaar, weil die Frisuren wieder flacher wurden.

 Doch der Kreppstoff blieb modern, so trugen die Damen um 1800 bevorzugt schwarze wie weiße Krepp-Roben. Sehr elegant und geschmackvoll trug Frau zu weißen Krepp-Umhängen auch weiße Schuhe ohne Spitzen (so wollte es die Mode), zu schwarzen Roben sollten auch schwarze Strümpfe und Schuhe getragen werden. Für eine Kleidungs-Kombination in Braun galten dieselben Regeln.

 Die Kreppmacher fertigten und handelten diverse Schals, Halstücher, Tüchlein, Umschlagtücher und Taschentücher. Bei den Warnemündern gehörte das Halstuch zur üblichen Bekleidung und so hingen bei Männern wie bei den Frauen die Enden ihrer Halstücher (Slippen) im Nacken. Die mecklenburgischen Männer aus anderen Regionen banden zu ihrer Sonntagstracht Brusttücher um und das mecklenburgische Militär trug Halstücher von Krepp.

 Die ordnungsmäßige Mannschaftsuniform des Güstrower Milizbataillons bestand im 18. Jahrhundert aus einem Leibrock von weißgrauem Tuch mit Leinen oder Boy-Futter, grünen Boy-Aufschlägen und 24 Knöpfen (12 vorn herunter, 6 an den beiden Seitentaschen, 4 an den Ärmelaufschlägen und 2 vermutlich hinten), aus einer Lederhose, einem Halstuch, das wohl ebenso wie beim Schweriner Bataillon von schwarzem Krepp war. Komplettiert wurde die Uniform durch einen Hut mit Schnur und Zubehör und dem unentbehrlichen Knieriemen. 
Ein Großauftrag vom Militär konnte einem Kreppmacher-Meister schon den Unterhalt für das Jahr sicher, aber das war meist recht selten.
Die zweite Fabrikation der Kreppmacherei war der Kreppflor, das war ein netzartiges Gewebe aus leichter und feiner Seide in Weiß und Schwarz gehalten, später auch in modischen Farben. Das feine Gewebe war wegen seiner lockeren Struktur hauptsächlich schmückend und wurde dafür zum gefälligen Tragen abschließend gestärkt. Als vornehmes Schmuckelement und hauptsächlich zur Ergänzung der Trauerkleidung, wurde dieser Kreppflor auch Krausflor genannt. Für das seidene Netzgewebe wurden die Einschlagfäden und die Kettenfäden aus zwei- oder dreifädig filierter Seide teils rechts, teils links gedreht. In der Kette wechselte ein rechts- mit einem linksgedrehten Faden ab. Im Schuss erfolgte der Wechsel nach je 2 Fäden. Der Handel bot die Stofflagen in 18 verschiedenen Sorten an.

 Ab Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte die Mode die Verwendung für Krepp-Flor. Das Gewebe wurde vielseitiger eingesetzt, teils wurde es kombiniert mit Leinen für leichte und sommerliche Frauenkleider eingearbeitet, sodass sich der schmückende Wert erhöhte. Natürlich wurden auch die aktuellen Kopfbedeckungen geschmückt, Hüte aller Art, selbst Strohhüte wurden zeitweise mit Seiden-Flor besetzt.
Sowohl in der hochadligen Gesellschaft als auch beim einfachen Volk gab man mit dem Tragen von Kreppflor der Trauer tiefen Ausdruck. Als der Adlige Vicke von der Lühe auf Gut Thelkow 1671 im Alter von 83 Jahren starb, kostete das Begräbnis insgesamt die stattliche Summe von über 800 Gulden. Zu den vielen Aufwendungen gehörte nach der überlieferten Rechnungsaufstellung auch der gezeigte Trauerflor: 4 Ellen Flor für den Untermarschall, 40 Ellen Flor für die Sargträger, 4 Ellen Flor für den Führer der Trauerpferde, hatte man bei den Kreppmachern bestellt und bezahlt.
Nach traditionellen Regeln verkündete der Trauer-Krepp nach außen hin, in welchem Verhältnis der Betroffene zur verstorbenen Person stand. Halb gekräuselter Krepp bedeutete „halbe Trauer“ und zeigte die Trauer von entfernten Angehörigen an. Trug jemand stark gekräuselten Krepp, so wurde nach Außen hin die „ganze Trauer“ angezeigt und bedeutete den Verlust von nahestehenden Verwandten und engen Freunden.

 
Autorin: Hannelore Kuna

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