Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Vom roten Gold. Leider gibt es die Berufsbezeichnung Kupferschmied heute nicht mehr - die Zeiten haben sich eben geändert! Die rötlich glänzenden, teilweise großen Kessel, Kannen und Töpfe haben ihren Wert dennoch für so manchen Liebhaber nicht verloren und mancher Kunsthandwerker lässt das alte Handwerk wieder aufleben.
Das Handwerk der Kupferschmiede aber steht in langer Tradition und war einmal begründet unentbehrlich. Denn Kupfer wurde wohl sehr viel früher als Eisen entdeckt und ist bis in die moderne Zeit hinein ein vielseitig und häufig genutztes Metall geblieben. Nach den städtischen Katastern von 1852 existierten in den Städten des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin insgesamt 37 Kupferschmiedemeister, davon arbeiteten in der Seestadt Rostock 5 Kupferschmieden im Kleinhandwerk. Weitere 17 mecklenburgische Meister zogen wie die Scherenschleifer als Kesselflicker übers Land, um Reparaturen und Ausbesserungsarbeiten an kupfernen Geräten anzubieten, denn das Material zeichnete sich durch eine hohe Wiederverwendbarkeit aus. Zumeist waren diese Handwerker verarmt, brachten sich mehr schlecht als recht durch und standen in niederem Ansehen.
In alten Schriften wurde der Kupferschmied im Lateinischen als cuprifabri, cupripercussores bezeichnet und im mittelniederdeutschen Sprachgebrauch des 16. bis 17. Jahrhunderts als copperslach bzw. copperslagere benannt. In Rostock wird urkundlich 1264 ein platea cupripercussores (Kupferschmiedestraße, aber nicht mehr nachweisbar) und 1280 eine Kupferschmiede erwähnt. Ähnlich der anderen Kleinschmieden in Rostock wurden sie wohl in das allgemeine Schmiedeamt eingegliedert, sodass im Mittelalter kein eigenes Amt verzeichnet war.
Sicherlich richtete sich die Anzahl der Meister nach den Bedürfnissen der städtischen Haushaltungen und nach größeren Auftraggebern. Um 16. Jahrhundert liest man von Meistern im Rostocker Grundregister in der damaligen Mittelstadt, die reich verzierte Giebelhäuser mit Werkstätten besaßen. An der nördlichen Seite der Schmiedestraße vor St. Marien (heute etwa dort die Lange Straße) standen die Häuser der Kupferschmiedemeister, während an der südlichen Seite dieser Straße weitere Kleinschmieden wie die Nagelschmiede zum Beispiel ihren Standort hatten. An der Nordseite der Schmiedestraße besaßen zum Beispiel die Meister Heinrich der Kupferschmied, Matthias Lentze oder Alexander Kehrberg Ende 16. Jahrhundert auffallend schöne gotische Giebelhäuser. Sowohl aus ihrem Hausbautyp als auch von ihren nicht unerheblichen Steuerzahlungen; sie entrichteten damals Schoß (Stadtsteuer) und eine weitere Abgabe, den so genannten „Hundertsten Pfennig“ in Höhe von 10 bis 20 Gulden, lässt sich annehmen, dass sie von ihrem Handwerk mehr als gut leben konnten.
Die Kupferschmieder zeichneten sich durch vielfältige Arbeitsweisen aus, so konnten sie mit Feuer arbeiten und ohne, sie löteten oder schmiedeten kalt, ihre Esse war nicht so groß wie die der Grobschmieden, weshalb sie auch im Zentrum der Mittelstadt ihren Platz finden konnten. Kupferschmieden zählten dann wie die Schuster, Bäcker, Wollweber und Schneider zu den vornehmsten Handwerksämtern der Stadt.
Das Rostocker Schmiedehandwerk, Grob- und Kleinschmiede umfassend, besaß sein Vereinshaus bzw. einen Krug oder Herberge genannt, auch „Schüttinge“ wie man in der Stadt sagte, als Giebelhaus in der Mittelstadt (ehemalige Große Scharrenstraße).
Das Kupfermaterial bestellten die Meister über den Zwischenhandel, was nicht immer einfach war. Nur kurzzeitig gab es Ende 16. Jahrhunderte in Neustadt und Rostock selbst (1572 erwähnt) Kupfermühlen, die kupfernes Blech erzeugten.
Im 17. Jahrhundert stammten die verwendeten Kupfererze bzw. Kupferschiefer in der Hauptsache aus dem Harz, Erzgebirge, Tirol und der Slowakei. Diese Erze wurden in Kupferhammerschmieden zu Blechen, Tafeln, Scheiben usw. geformt. Das alte Nürnberg galt als größtes Handelszentrum, weitere überregionale Marktplätze für Kupfer waren Augsburg, Frankfurt, Leipzig, Köln und Aachen. Auch der Seehandel mit den nordischen Ländern wurde dafür genutzt. Da erlangte Hamburg dank des schwedischen Kupfers im Kupferhandel einige wirtschaftliche Bedeutung, doch die größeren Erzvorkommen blieben im Süden.
Die handwerklichen Fertigkeiten der Meister waren schier unerschöpflich, denn das vielfältig verwendbare Material war zu allen erdenklichen Zwecken im Alltag einsetzbar und durch den letzten Bearbeitungsschritt Polieren erhielt es einen hohen Dekorationswert. Das Handwerk entwickelte sich zunehmend zu einem angesehenen Kunsthandwerk und seine Gebrauchsgegenstände fehlten wohl nirgendwo.
Im Mittelalter nahmen sakrale Gegenstände eine Hauptposition in den gefüllten Auftragsbüchern der Meister ein: Kelche, Ciborien, Peristerien, Vortrag-, Altar- und Reliquienkreuze, Hostienbüchsen, Reliquienbehälter in Form von Köpfen, Büsten, Händen, Füßen usw., Relieffiguren zum Schmuck von Tragaltären, Tabernakeln, Monstranzen, Ostensorien, Bischofsstabkrümme und andere Gerätschaften für den kirchlichen Gebrauch aus starkem Kupferblech getrieben, das mitunter noch vergoldet wurde.
Die Renaissance bevorzugte den Erzguss und die Gold- und Silberschmiedekunst, wodurch die Kupferschmiedekunst in den Hintergrund gedrängt und auf die Anfertigung von Gefäßen und Geräten für den bürgerlichen Gebrauch beschränkt wurde.
Lehrzeit und Gesellenjahre waren überall gleich. Ein Lehrjunge lernte in den Kupferschmieden 4 Jahre, wenn die Eltern entsprechendes Lehrgeld zahlten, sonst konnte die Lehrzeit auf 6 bis 7 Jahre gehen. Der Geselle verdiente in den Kupferschmieden etwa wöchentlich 1 Reichstaler. Er musste sich 3 bis 4 Jahre in der Fremde umgesehen haben (Wanderjahre), bevor er Meister werden konnte. Als wandernder Geselle erhielt er freie Kost beim Meister, der ihn eine Zeit lang aufnahm, und außerdem noch 2 Groschen Handgeld.
Bis Anfang 20. Jahrhundert blieb es vielfach bei den in Handarbeit angefertigten kupfernen Gebrauchsgegenständen zum täglichen Bedarf wie: Pfannen, Töpfe, Becken, Backformen, Wasserwannen, Gießkannen, Kaffeekannen, Teekannen, Fuß- und Bettwärmer, Leuchter, Lampen sowie Samoware einerseits und für Arbeitsgegenstände der handwerklichen Produktion andererseits wie: Braupfannen, Branntweinblasen, Kühlröhren sowie Kessel und Zuber für Bierbrauer, Färber und Seifensieder oder Platten für den Kupferstecher.
Mit der Neuordnung der Handwerksberufe vom 1. April 1998 wurde die Berufsbezeichnung Kupferschmied in Behälter- und Apparatebauer umbenannt.
Autorin: Hannelore Kuna