Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Kürschner

Kürschner, Buntmacher und Pelzer

 

 

Kürschner, Pelzer oder Buntmacher bzw. Buntfutterer waren im Mittelalter in Mecklenburg und Pommern die typischen Bezeichnungen für das Pelz verarbeitende Handwerk, sonst auch verbreitet im deutschen Sprachraum als Wild- und Grauwerker bekannt.

 Bereits aus dem 9. Jahrhundert ist das Wort „kursina“ im Althochdeutschen nachweisbar, was Pelzrock bedeutete und aus dem Wort vermutlich die Bezeichnung Kürsener, Kürschner her stammt. Nach den Sprachforschern J. und W. Grimm ist das Wort Buntmacher aus dem Schwedischen entlehnt.

 Heute kaum mehr vorstellbar, verarbeiteten die Handwerker aus rohen Fellen von Haus- und Wildtieren massenhaft sehr weiche und auf jeden Fall vor Kälte schützende Pelzsachen, es entstand bestes Rauh- und Rauchwerk, dass sich nicht nur großer Beliebtheit erfreute, sondern gegen Wind und Kälte notwendig war.

 Verschiedenste Kleidungsstücke wurden auf Maß zu geschneidert, einmal für den Privatbedarf und um auf den Märkten flotten Handel mit diesen Rauchwaren (Pelzen), wie später auf der Leipziger Messe, zu betreiben. Die Menschen in dieser Zeit hatten ein natürliches Verhältnis zu Tieren und deren Fellen, sie wurden eigens zum täglichen Gebrauch gezüchtet oder als Wildtiere erlegt, ohne dem hätte es ganze Handwerkerbereiche nicht gegeben.

 Wärmendes Pelzwerk war zu allen Zeiten sehr begehrt und das Warenangebot bereits im Mittelalter breit gefächert, man unterschied in Verarbeitung und Qualität nach Tierarten, um daraus entsprechende Bekleidungsstücke zu verfertigen. In jedem Fall sollte ein Pelzwerk vor allen Wetterkapriolen schützen, denn ein harter Winter war ohne einen „echten „Pelz kaum zu überstehen.

 Frau und Mann trugen deshalb „pelzerne“ Röcke, Mäntel, Überwürfe, Mützen, Strümpfe, Handschuhe. Vor ungefähr 500 Jahre kam der Modeartikel Muff auf den Markt, der heute noch bekannt ist und gelegentlich auf den großen Modenschauen wieder entdeckt wird.

 Die Verarbeitung der Pelze war immer vielfältig, so zeigte man im Mittelalter den Pelz nicht immer nach außen, oftmals war die Haarseite nach innen gekehrt (z. B. bei Handschuhen). Selbstverständlich diente Pelzwerk als schmückender Besatz an der Kleidung z. B. als Kapuzenverbrämungen, Ärmelbordüren bis hin zu separaten Gebrauchsgegenständen.

 Edles Pelzwerk kostete viel Geld und blieb in reicher Ausstattung oftmals den vornehmen Herrschaften und Bürgern vorbehalten. Doch war der Pelz auch nicht aus der Bauerntracht wegzudenken. Beispielsweise gehörte im Fürstentum Ratzeburg zur bequemen Haustracht des Mannes eine mit Pelz gefütterte Samtmütze dazu und für draußen trug der Bauer seine Pelzmütze bzw. später die Pelzkappe. Die Bauersfrau trug dagegen pelzbesetzte Handschuhe. 

 Die Pelzerei zählte aufgrund ihrer Nachfrage in allen Städten zu dem alten Handwerk. 1190 erlaubte der Wendenfürst Niklot dem 1186 von Borwin dem wieder aufgebauten Kloster Doberan, wenn die Brüder jährlich 6 Pfennige zahlen, auf seinem Markt zu Rostock Felle ohne Zoll frei kaufen und verkaufen zu können. Vom Privileg profitierten u. a. auch die Klosterhandwerker, namentlich die Pelzer und Schuster.

 Rostocker Pelzer sind von 1250-1288 zahlreich vertreten, sie wurden 21 Mal als pellifices (latein), in den ältesten Stadtbüchern genannt. Auch über Felle gibt es erste Aufzeichnungen, die vermutlich aus dem Norden und Osten eingeführt wurden. Einmal sind Zobelfelle erwähnt. Nach dem Kämmereiregister verfügten die Pelzer hier über Verkaufsplätze auf dem Markt, für die sie jährlich eine Abgabe von 9 Mark an den Rat zu entrichten hatten. Der Fellverkauf war nur den Pelzern und Buntmachern gestattet, kein Händler, weder Kaufmann oder Jude durfte es wagen Pelzwerk an den Mann oder an die Frau zu bringen, es sei denn, sie waren von der Zunft zum Weiterverkauf berechtigt worden.

 Aufgrund des florierenden Bedarfs an Pelzwerk organisierten sich die Handwerker frühzeitig in Zünften oder Ämtern. Die älteste Kürschnerzunft wurde 1160 im französischen Rouen errichtet. Von 1226 datiert der Stiftungsbrief der Basler Kürschner, 1273 bildeten die Kürschner von Breslau, 1277 in Braunschweig und 1280 in Berlin eine Zunft. In Rostock ist die Kürschnerzunft bzw. das Amt der „kortzewerteren“ erstmals 1393 erwähnt, bestand vermutlich schon einige Jahrzehnte vorher. Um 1400 trat eine Altpelzerzunft auf, von der aber etwa 50 Jahre später nichts mehr zu hören ist. Zur Stadtverteidigung hatte das Handwerksamt im 15. Jahrhundert 20 Bewaffnete zu stellen.

 Gelegentlich gab es gemeinsame Ämter zwischen Kürschnern und Gerbern, Handschuhmachern, Sattlern oder Schustern, da alle Gewerke Leder verarbeiteten. Die verschiedenen Zusammenschlüsse hingen oft von der Anzahl der Handwerker ab. Die hansischen Buntfutterer und Pelzer des deutschen Nordens achteten streng auf ihre gebietsmäßige Zugehörigkeit. 1540 vereinbarten sie schwedische, dänische, undeutsche oder kulitzen (slawische) Jungen von Lehre und Amt auszuschließen.

 Mitunter machte die Verwendung und Verarbeitung von Haustierfellen (Kaninchen, Lamm, Ziege) oder Wildtierfellen die Unterscheidung zwischen Pelzern und Buntmachern aus, was auf eine Spezialisierung im Häuteaufkauf und der Arbeitsanwendung schließen lässt.

 Pelzer und Buntmacher hatten zunächst ein gemeinsames Amt inne, dann nannten sich die Handwerker ab etwa 1550 Kürschner und Buntmacher, bis ein energischer Streit zwischen beiden Gewerken eintrat und nach 1639 eine Trennung in spezialisierte Ämter erfolgte. In Lübeck organisierten sich Pelzer und Buntmacher bereits ab 1386 in eigenen Ämtern. In der Neuzeit verlor sich die Berufsbezeichnung Buntmacher und es gab in Rostock einmütig Kürschner und Pelzer, womit ein gewisser Freiraum in den Arbeitstätigkeiten gelassen wurde. Um 1800 arbeiteten in der Seestadt 9 Kürschner- und 3 Pelzermeister. 

 Die Lehrzeit bei den Pelzern trug 3 bis 5 Jahre. Das erworbene berufliche Wissen, Fähigkeiten und Können standen zum einen dem Gerberberuf sehr nahe, denn Pelzer, Kürschner mussten rohe Felle verarbeiten, und war andererseits durch die weitere Verarbeitung nicht weit entfernt vom Schneiderberuf. Denn Kürschner schnitten ihre Felle maßgenau zu und vernähten sie mit entsprechenden Arbeitsgerätschaften, die entsprechend des ledernen Materials viel härter und grober sein mussten.

 Die Arbeitsgänge beim Kürschner glichen anfangs denen des Gerbers. Das Fell wurde dem Tier so abgezogen, dass der Balk erhalten blieb. Fleisch- und Fettreste wurden mechanisch entfernt, um ein reinliches Material zu erhalten, danach das Fell gewalkt, getrocknet und kurzzeitig gegerbt.

 Dann kam die Haarseite an die Reihe, sie wurde mehrmals tüchtig gekämmt und das Fell danach in einer Tonne mit Wärme behandelt. Mitunter erfolgte abschließend das Färben bzw. Blenden der Pelze. Dies geschah um einen gebleichten Farbton zu erhalten oder um kostbare Felle zu imitieren.

 Preiswerte Marderfelle erhielten so das Aussehen von begehrten russischen Zobelfellen. Die Meister kannten manchen technischen Kniff um ihre Felle zu veredeln, was bisweilen auf Kosten der Käufer ging und streng bestraft wurde, wenn es zur Beschwerde vor dem Rat kam.

 Als Meisterstück wurde vom Gesellen verlangt: erstens je einen Frauen- und Männermantel mit Pelzwerk zu füttern, zweitens eine Mütze gleichfalls mit Pelz zu füttern sowie mit einem „Gebrähme“ aus Pelz zu verzieren und zum Dritten eine „Palatine“ aus Marderfell herzustellen.

 Die Stadtbürger hatten mit dem Handwerk der Pelzer und Kürschner mitunter einigen Ärger. Wie die Loh- und Weißgerbereien verbreiteten die Betriebe besonders im Sommer unangenehmen Geruch. Der Rat ließ deshalb die Fertigung nur am Stadtrand zu. Trotzdem zählten die Rostocker Fellproduzenten zu den wohlhabenden, angesehenen und oft ratsfähigen Bürgern.

 1692 zog der junge Hamburger Kürschnerhandwerker Hinrich Krahnstöver nach Rostock und erwarb ein Wohnhaus in der heutigen Kröpeliner Straße 93. Die aus der Familie stammenden Meister bekleideten die Ämter der Altermänner bei den Kürschnern und Buntfutterern. In der St. Marienkirche erinnert ein Grabstein an Hinrich und seinen Enkel, den Kürschnermeister Johann Andreas Krahnstöver. Das Kürschnerhandwerk wurde in der Familie über viele Generationen weitergegeben, aber auch andere Gewerke waren in der Familie vertreten. Insgesamt lebte die Familie über sieben Generationen in der Hansestadt und spielte eine bedeutende Rolle in der Wirtschaft Rostocks.

 1907 gab es im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin insgesamt 67 Gewerbetriebe der Kürschnerei und Pelzwarenzurichtung mit 143 Beschäftigten. Nach wie vor wurden die besten Felle für die Kürschnerei aus östlichen Ländern, aus dem Zobel-Land Russland, importiert. Auf den Rauchwarenaktionen des 19. Jahrhunderts erlangten bereits Bisam und Sumpfbiber eine große Rolle. Auf den großen Messen in Leipzig oder Frankfurt a. Oder handelte man Nordamerikas Waschbärfelle. In seiner Heimat nahm er 1875 Platz drei innerhalb des Pelzaufkommens ein und sein Pelz erreichte später auch Mecklenburg. Das kurze Fellhaar wirkte ebenmäßig und fiel durch seinen Glanz ins Auge. Aus seinem Balg wurden hauptsächlich Jacken und Mäntel gefertigt. Aus dem Grannenhaar konnten zudem Pinsel und aus dem Unterhaar Hüte hergestellt werden. Der Waschbär siedelte sich nach 1945 auch im Nordosten wieder an. Mit diesem Marderhund gibt es inzwischen einen zweiten „pelziger Neubürger“ und heimischen Pelzlieferanten. Die vorhandene Waschbären- und Marderhundstrecke in Deutschland wird auf etwa 70.000 Stück geschätzt. Der Marderhund aus Ostasien, der vor 80 Jahren in Osteuropa einwanderte und nun weiter westwärts zog, unterliegt der Fellqualität des Waschbären. Der Marderhund besitzt ein ungewöhnlich langes, zuweilen mähnenartiges und dichtes Haarkleid, er trägt zu dick auf und ist deshalb für Jacken und Mäntel weniger geeignet. Doch für wärmende Kragen, Kapuzenverbrämungen und ähnliche Einfassungen benutzten ihn die Kürschner vorzüglich.

 Der Mensch hat sein Verhältnis zu Tieren im Laufe der Jahrhunderte sehr gewandelt, sie sind lange nicht mehr lebensnotwendiger Teil seines kulturellen Alltags, was leider widersprüchlich bemerkt wird. Denn verschiedene Arten unserer tierischen Mitbewohner auf dieser Erde wurden durch die menschliche Gier nach Luxus bereits ausgerottet.


Autorin: Hannelore Kuna

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