Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Maurer
Historische Steinbauten sind heute unwiederbringliche Quellen der kulturellen Stadtgeschichte und bilden mithin ein steinernes Gedächtnis vergangener Zeiten. Hier im Norden war natürliches Steinmaterial (Granit und Sandstein) knapp, es mussten Ziegeln gebrannt werden und mit der neuen Backsteinbauweise setzte sich das Gewerk der Maurer durch.
Bei den Mauern zu Greifswald oder Pasewalk erwies sich Wohnsitz des Meisters, anders als bei den Bäckern oder Schneidern, als unbedeutend für das zu führende Handwerk. Gearbeitet wurde nach Aufträgen auf den wechselnden Baustellen, wo sich verschiedene Bauhandwerke zusammenfanden und wo oft selbst die Ziegeln gebrannt und der Kalk gelöscht wurden.
Die Vielzahl der Gesellen und Lehrlinge sowie Hilfskräfte auf einem Bauplatz und das Vorherrschen des Tagelohns, verlangten vom Meister eine exakte Arbeitsplanung und allgemein ein sehr geschicktes Unternehmertum. Bei der Lohnzahlung ließ man dem Meister keine freie Hand, dafür galt in den vorpommerschen Städten die vom Amt und vom Rat verfasste Maurerlohntaxe.
Die Maurerarbeit war im Grunde vielseitig, einerseits wurde teilweise in der Gruppe gearbeitet und andererseits wurden zeitlich parallele Arbeiten ausgeführt. Die Gesellen mussten kooperativ, solidarisch und mit wachsamem Auge zu Werke gehen, um einen Unfall zu vermeiden. Neben den Gesellen und Lehrlingen leisteten Hilfskräfte wie Mörtelrührer, Sandschipper, Steinträger und Tagelöhner Arbeit.
Die spätmittelalterliche und auch die frühneuzeitliche Maurerarbeit erweist sich noch heute als fachmännisch sehr präzise und äußerst gediegen ausgeführt, das ist sicher ein Grund weshalb sich über 700 Jahre alte Bauwerke in Backstein bis heute erhalten haben. In der Regel wurde ein Bauwerk nur selten von außen verputzt, mitunter auch nicht von innen, was insbesondere bei den mächtigen Kirchenbauten der Fall war. Die norddeutsche Backsteingotik zeichnet sich eben durch die Sichtbarkeit des Ziegelwerks aus, was eine sorgfältige Stein auf Stein-Verbindung voraussetzte. Andererseits nahm diese Arbeitsweise eine sehr lange Arbeitszeit in Anspruch, die nicht selten über Generationen von Bauleuten hinweg andauerte.
Die Gesellen mauerten mit zähem Mörtel, damit keine Reste auf die fertiggestellten Steinflächen fielen, sie etwa verunreinigten und kalkige Flecke hinterließen. Die Fugenarbeiten wurden sobald als möglich verrichtet, damit sich der Fugenzement mit dem noch nicht abgebundenen Mörtel verbinden konnte. Auf diese Weise wurden sowohl Ziegel und Mörtellage vor dem Eindringen von Feuchtigkeit geschützt. Das waren nur einige Arbeitsprinzipien, die auf die Ewigkeit und Schönheit des Mauerwerks großen Einfluss hatten, die aber bereits ab Mitte 19. Jahrhunderts längst der Vergangenheit angehörten.
Schon der Maurerlehrling verdiente sich in der etwa dreijährigen Lehrzeit nicht leicht sein Brot. Die ständige Arbeit im Freien, gleich zu welchen Witterungsbedingungen und noch dazu auf hohen Holzgerüsten, erforderte von den Jungen manche körperliche Überwindung. Der Umgangston und die Sprache auf dem Bau waren vermutlich rauer, als in einer warmen „familiären“ Werkstatt. Noch Anfang 19. Jahrhundert wurde verordnet:
„Ein jeder Meister soll seinen Lehrjungen gewissenhaft mit allen Fleiß und gründlich unterrichten, und mit demselben christlich und vernünftig umgehen, nicht aber mit unverdienten, oder auch übermäßigen Schlägen und anderen unchristlichen Bezeigen demselben zusetzen, und dadurch die Lehr-Jahre zu verlaufen gleichsam nötigen, noch auch solche Jungen mit übermäßigen Haus- und Handarbeiten, also dass sie dadurch an tüchtigen Erlernung des Handwerks gehindert werden, belegen …“.
Nach erfolgreich abgeschlossener Lehre, zu der auch eine Prüfung im Lesen, Schreiben und Katechismus gehörte, begab sich der Geselle auf die Wanderschaft, um dann als Polier arbeiten zu dürfen. Die Maurerwanderjahre waren von besonderer Bedeutung für die persönliche Erfahrung im Baugewerk. Mehr noch als in jedem anderen Beruf, konnte ein Geselle anhand von regionalen Baustilen soviel Neues und Modernes an Baumaterialien und Methoden erfahren.
Um 1664 bestätigte der Rat zu Anklam die Amtsrolle der Maurer. Ein Meisterbuch wurde von 1665 bis 1835 geführt. 1853 wurden die Statuten der nun gemeinsamen Anklamer Mauer- und Zimmererinnung erneuert. 1738 bestätigte der Rat zu Ueckermünde die Amtsstatuten seiner Maurer. Die früheren Betriebsgrößen der Maurerbetriebe waren relativ klein. Ende des 18. Jahrhunderts hatten Stralsund 10, Wolgast 8, Loitz 3, Lassan 3, Jarmen und Gützkow hatten je einen Maurermeister mit je 2-3 Gesellen.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts stiegen die Betriebsgrößen im Maurergewerbe aber bedeutend an, etwa auf 20 und mehr Beschäftigte pro Betrieb. 1850 existierten in Anklam 3 Meisterbetriebe mit insgesamt 66 Gesellen. Die Gründerzeit nach 1871 mit dem wirtschaftlichen Aufblühen trieb die Baubranche voran, wobei Spekulationen und Pleiten nicht ausblieben. Der Lohn wurde nun nicht mehr von Rat festgesetzt, sondern zwischen Unternehmer und Gesellen frei ausgehandelt, teilweise vollzog sich bereits der Übergang vom Tagelohn zum heutigen Stundenlohn.
Autorin: Hannelore Kuna.
Schlackensteine aus Stettin
Schlackensteine, ein neues Baumaterial, wurden nach 1900 im Stettiner Eisenwerk „Kraft“ hergestellt, der „Stettiner Anzeiger“ teilte das seinen Lesern mit. In einem neuen technischen Verfahren produzierte man dieses Material von der aus dem Hochofen fließenden glühenden Schlacke, vermischte diese nach der Granulation durch Wasser mit Zement und presst dann das erkaltete Gemenge schließlich zu Steinen. Anschließend erfolgte der Trocknungsprozess über 4-5 Wochen. Das Verfahren stammte ursprünglich aus dem Jahr 1859 von einer Osnabrücker Firma patentiert, allerdings damals noch in manueller Handstricharbeit.
Nach 1900 war die Entwicklung soweit fortgeschritten, dass für die Steinformung industrielle Pressen zur Verfügung standen, die insbesondere eine gleichmäßige Form der Steine und ihre fabrikmäßige Erzeugung gestatteten. Mit deren Einsatz erzielte das Stettiner Werk eine Wochenproduktion von 50.000 Stück Steinen, geplant war die Erhöhung auf 100.000 Stück.
Diese Schlackensteine waren vielseitig verwendbar. Als Mauersteine entsprachen sie den Anforderungen eines herkömmlichen Ziegelsteins, was die Druckfestigkeit, Wasseraufnahme und Luftdurchlässigkeit betraf. Ihre raue Oberfläche ermöglichte den Verbund mit dünnem Mörtel, was zu erheblichen Materialeinsparungen führen konnte. In Osnabrück setzte man den Schlackenstein bereits erfolgreich im Wohnungsbau und sogar im Hochbau für 70 hohe Industrieschornsteine ein.
Die so angepriesenen Schlackensteine hatten ihre Zukunft aber auch im Bahnbau und bei der Straßenpflasterung. Davon machte schon die Hansestadt Stralsund Gebrauch. Dort wurde die Jakobistraße, zwischen der Langen- und Frankenstraße, in dieser Art neu gepflastert. Wegen der stark angestiegenen Preise für nordischen Granit und schwedisches Kopfpflaster konnten Schlackensteine im Baugewerbe gut konkurrieren.
Autorin: Hannelore Kuna