Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Messerschmied
Erst mit dem erhöhten Bedarf an Messern entstand der Messerschmiedeberuf, er ist aus dem Eisenschmiedehandwerk hervorgegangen, obwohl die ersten Messer aus Steinmaterial waren. Messer gehörten daher zu den ältesten Werkzeugen der Menschen, als Schneidewerkzeuge oder Stichwaffen mit Griff und Klinge, als Tafelmesser gehört es in die jüngere Esskultur. In allen Kulturen ist es verbreitet als Werkzeug und Arbeitsmittel, Symbol, Zeichen der Macht, auch Kunstobjekt usw.
Bis etwa Mitte 16. Jahrhundert stellte in Rostock die Berufsgruppe der Schwertfeger die Messer her, danach spezialisierten sich Messerschmieder auf die Verfertigung von einschneidigen Klingen auch „Messerer“ genannt oder „Messwerche“.
Zu ihren Produkten zählten, grob unterteilt, Messer zu den verschiedensten Zwecken: Dolche, Haumesser, Hieb- und Stichwaffen, dann kamen Gabel und Schere hinzu. Die Schere als wichtiges Arbeitsgerät der Schneider und jeder Hausfrau wurde etwa ab 16. Jahrhundert gefertigt, dann wurde die Essgabel Mode bei Tisch, was sich als außerordentlich schwierig erwies. Weiterhin fertigten die Messerschmieden mit der Entwicklung der praktischen Medizin ein umfangreiches Sortiment an chirurgischen Instrumenten an, durch die sich in Rostock und anderswo, der besondere Beruf des (chirurgischen) Instrumentenmachers herausbildete.
Zentren der Messerproduktion waren Arau, Eberswalde, Dresden, Iserlohn, Karlsbad, Nürnberg (1557: Jahresproduktion von 4,6 Millionen Messern), Ruhla, Schmalkalden, Solingen (1789: 203 verschiedene Klingenarten) oder Steyr in Österreich. In diesen Orten wurden Messer massenhaft hergestellt und auf den großen Messen in Frankfurt a. Main, Nürnberg oder Hamburg gehandelt. Große Mengen der Solinger Ware gingen nach Holland und in den norddeutschen Raum.
Mecklenburgische Messer aus früheren Jahrhunderten sind wenig bekannt. Mitte 18. Jahrhundert wurden Schneidemesser im Eisenwerk Dömitz, neben Äxten, Beilen, Spaten und Forken, in Schmiedearbeit hergestellt. Die wiederum wurden unter anderem über die Handelsniederlassung Cordt Hinrich Stube in Rostock für die Seestadt und Umgebung vertrieben. Nach den städtischen Katastern des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin von 1852 existierten in den mecklenburgischen Städten insgesamt 14 Messerschmieden, davon arbeiteten in der Seestadt Rostock 2 Messerschmiede im Kleinhandwerk. Die geringe Anzahl der mecklenburgischen und speziell der Rostocker Messerschmieden, weist darauf hin, dass eine einheimische Messerproduktion in großem Umfang nicht existierte.
Rostocker Bürger kauften vermutlich kauften ihren Bedarf an Messer und Scheren im überwiegenden Maß beim Händler, Höker oder Hausierer, der die Waren von außerhalb vertrieb. Das war bereits im Mittelalter üblich. Darüber gibt zum Beispiel das alte Inventar eines verstorbenen Rostocker Krämers von 1566 Auskunft. Unter der Warenart Waffen, wird auf mittelniederdeutsch der Artikel „messe“ aus Köln aufgeführt. Kölner Messer zeichneten sich zur damaligen Zeit durch gute Qualität aus, da Kölner Stahl im Mittelalter ebenso wie der schwedische und steyrische Stahl einen hervorragenden Ruf führte.
Frühere archäologische Fundstücke wie von 1863 in Rostock-Bartelsdorf (auf dem damaligen Hof-Bartelsdorf) aus einem Gräberfeld um 1200, zeigten, dass Messer und Schmuck einen hohen Stellenwert hatten. Im Grabfund war nach Friedrich Lisch ein eisernes Messer, ungewöhnlich reich gearbeitet, mit einem Griff mit rundem Knochen bekleidet und das Griffende durch einen Knopf von weißem Stein verziert. Die Scheide der sehr dünnen Klinge bestand aus Leder, deren Enden mit Bronzestreifen beschlagen waren.
Wie weitere archäologische Funde bei Wismar und Anklam aus dem 16. Jahrhundert nachweisen, unterschieden sich die Messer des Mittelalters insbesondere im verwendeten Material für den Griff: Bernstein, Elfenbein, Achat, Gold, Silber, Edelholz, Hartholz und von seiner Konstruktion sowie von der Klinge her.
Natürlich veränderten sich im Lauf der Zeit besonders die Klinge, ihre Form und Verzierungen, je nach Gebrauchszweck. Als nächste Messergeneration, ab der Neuzeit, trat das Tafelmesser bzw. das Schneide- und Essmesser in die Esskultur, wie wir es heute kennen. Wichtig war in allen Zeiten das Rasier- bzw. das Barbiermesser für den Mann. Und schließlich verfügte man über das Einlegemesser (Klappmesser).
Zur Erlangung der Meisterschaft hatte ein Messerschmiedgeselle hohe handwerkliche Hürden zu bewältigen. Das Amt verlangte als Meisterstück: ein Paar künstlerisch ausgearbeitete Tischmesser, ein gewöhnliches Speckmesser für den Fleischerberuf mit einer wenigstens 10 Zoll langen Klinge und eine Schneiderschere in höchster Qualität anzufertigen.
Im Verlauf des 17. Jahrhunderts durchlief die menschliche Esskultur einen Quantensprung. Denn zum Speisen kam neben Messer und Löffel die Gabel auf den Esstisch. Gabeln wurden entweder zweispitzig, zweizackig (auch zum Tranchieren) oder drei- und vierspitzig für die Tischkultur angefertigt. Wenigstens die Zacken mussten aus Stahl geschmiedet sein, da eiserne Zacken leicht beim Gebrauche zerbrechen konnten. Jede Gabel bestand aus 4 Teilen, aus den Zacken, der Stolle, der Angel und einer Schale, worin die Angel steckte. Für den Messerschmied war die Herstellung sicher einfacher als die Benutzung derselben. Die Literatur gibt darüber genüsslichen Aufschluss wie sehr insbesondere die männliche Gilde sich der „weiblichen“ Gabel verweigerte, mit dem Löffel war die Nahrungsaufnahme doch sehr bequem oder noch mehr mit bloßen Händen und Fingern.
Auf jeden Fall hat der Messerschmied vorerst der Gabel zum allgemeinen Gebrauch in den Haushaltungen verholfen. Bei all seinen Arbeiten zeichnete sich ein guter Messerschmied durch universelle Fähigkeiten aus. Seine Klingen schmiedete er selbst aus bestem Stahl, das hieß zunächst grob die Form auszuhämmern und das Schmiedestück wieder zu härten, danach bearbeitete er die Klinge mit Feilen, mit dem Schleifstein nass oder trocken und abschließend mit der Polierholz und Poliermittel. Alle diese Arbeitsgänge erforderten nicht nur Kraft, sondern auch sehr viel Geschick und Sorgfalt. Zur Herstellung der Griffe wiederum musste er mit ihm artfremden Materialien wie Elfenbein, Perlmutt, Horn, Rinderknochen oder Harthölzern umgehen können, sie schneiden, befeilen, schleifen und polieren; bei Gold, Silber und Porzellan wurde aber die Zuarbeit anderer Gewerke in Anspruch genommen. Das Schmieden von Messern, Gabeln und Scheren geschah auch noch im 19. Jahrhundert lange Zeit mit der Hand, da Maschinen die unterschiedliche Formgebung des Stahls nicht leisten konnten. Lediglich das auch körperlich anstrengende Schleifen der Messer war frühzeitig durch Ausnutzung der Wasserkraft (Schleifmühlen) mechanisiert worden.
Heute gibt es den Beruf des Messerschmieds lange nicht mehr im traditionellen Sinn. Aber es gibt Kunsthandwerker, die sich dieser Fertigkeiten angenommen haben und ihre Kunst auf entsprechenden Märkten vorführen.
Der Beruf Messerschmied/in wurde 1989 abgelöst durch den Nachfolgeberuf Schneidwerkzeugmechaniker/in.
Autorin: Hannelore Kuna.