Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Ofensetzer
Ofensetzer bzw. Pötter fertigten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Ofenkacheln aus Ton selbst her, die oftmals dazu mit schönen Motiven bemalt und glasiert wurden. Sie waren Töpfer und Maurer zugleich und stellten Öfen, Kamine, Herde, Rauchrohre und Rauchfänge auf. Aber auch viele Töpfermeister des Landes fertigten neben Tellern, Schüsseln und Vasen die schönsten Ofenkacheln her, zum Aufbau eines Ofens mussten sie dann aber mit dem Maurer kooperieren.
In Anklam existierte seit 1572 eine Töpferinnung, die 1853 neue Statuten erhielt. Seit 1650 ist ein Meisterbuch geführt worden. Noch 1849 wurden beide Berufe, sowohl Töpfer als auch Ofensetzer, in Statistiken zusammen gefasst, beispielsweise hatte damals die Provinz Pommern 453 Töpfer- und Ofensetzermeister sowie 537 Gesellen. In Greifswald arbeiten nach dem „Allgemeinen Wohnungsanzeiger“ 1864 12 Meister zur Verfertigung von irdenen Waren (Keramik) und Heizöfen.
Die ersten mittelalterlichen Öfen waren aus Lehm hergestellt und dienten hauptsächlich zum Wärmen von Stuben und zum Brotbacken. Gekocht und gebraten wurde dagegen in eisernen Grapen (Kessel), die über offenen Feuerstellen hingen. Erst mit dem 16. Jahrhundert wurden mit der Einrichtung von Schornsteinen wärmespendende Kachelöfen in den herrschaftlichen Wohngebäuden und Bürgerhäusern modern. Später fehlte der Kachelofen auch in den Bauernstuben nicht. In den gebrannten Tonkacheln konnte sich die Wärme lange halten und sie verbesserten die bürgerliche Wohnkultur gerade in der kühleren Jahreszeit erheblich.
Zum Meisterstück im Töpferhandwerk war Mitte 19. Jahrhundert „als praktische Arbeit aufgegeben, so viel Kacheln anzufertigen als zu einem Ofen gehören und demnächst eine Schüssel auf der Scheibe zu drehen. Die aufgegebenen Arbeiten selbst anzufertigen und einen Probeofen zu setzen.“ Das erforderte eine entsprechende Rechnung anzustellen sowie Anzahl und Maße der Kacheln für das Ofenmodell vorzulegen. Mancher Geselle scheiterte bei der ersten Meisterprüfung an der Ungenauigkeit seiner Arbeit. So erging es einem Anklamer, der 1858 seine Meisterprüfung wiederholen musste, denn die „Kommission hatte seine angefertigten Arbeiten für unannehmbar erklärt, es war der von dem Meister M. als Meisterstück gesetzte Ofen, sowohl in Konstruktion als im Setzen von der Kommission getadelt worden und ihm deswegen das Prüfungszeugnis verwehrt worden.“
Neben der handwerklichen Technik musste sich der Ofensetzer tüchtig mit den Brandschutzgesetzen auskennen. Bei Verstößen gegen Feuerordnungen drohten empfindliche Geldstrafen oder gar der Verlust des Gewerbes. Ein Ofen durfte weder an eine Holzwand noch direkt auf den Fußboden gesetzt werden: „Sie müssen dem Holzwerke mindest um 2 Fuß ausweichen.“
Die beste Heizungstechnik wurde mit dem sogenannten Zug- bzw. Windofen erreicht, dessen Brand durch ständige Luftzufuhr von außen verbessert wurde. Mit Holz gefeuert war bei starkem Zug eine Ofenreinigung vom Ruß nicht notwendig, in „Russland wurden die Tonöfen nie ausgeputzt, sie putzten sich selbst.“
Überhaupt war das kalte Russland Maßstab aller Ofensetzerkunst und die norddeutschen Ofenbauer erwiesen sich als bessere Meister gegenüber ihren süddeutschen Kollegen. Alles eine Frage der Kälte. Von 1830 stammt die Nachricht, dass sich auf Rügen überall der Einbau von Windöfen in den Stuben durchgesetzt hätte.
Konkurrenz hatte der Kachelofen seit etwa 1770 durch eiserne Öfen erhalten. Aus Eisenguss entstanden im mecklenburgischen Dömitz oder im pommerschen Torgelow nicht nur Kanonen und Kugeln, sondern auch Heizöfen, die sich schnell erwärmten, aber im Vergleich zum Kachelofen, die Wärme nicht lange hielten und sich somit für behagliches Wohnen nicht durchsetzen konnten.
Die Ofenkachel hatte, wie ebenfalls die Form des Ofens selbst, im Verlauf der Jahrhunderte verschiedenste stilgeschichtliche Entwicklungen erfahren. Der äußeren Bauweise entsprechend wurde das Innenleben der Repräsentations- und Wohnräume angepasst und dazu gehörten Kamine sowie runde und eckige Kachelöfen. Von den Ofenkacheln stammt auch die Bezeichnung Pötter, da die ersten unglasierten Kacheln in der Form den Töpfen (plattdeutsch Pott, Pötte) ähnlich sahen. Diese „Kacheltöpfe“ wurden mit Lehm zum Ofen aufgebaut, im Ofeninneren Ausfütterungen für Rauchzüge gesetzt, sodass ein beheizbarer Hohlkörper entstand.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich die fabrikmäßige Produktion von Ofenkacheln durch. Eine bekannte Fabrik in Frankfurt a. O. stellte im Jahr 1866 Kacheln für rund 4000 Öfen her, die dann in Berlin, Pommern oder Schlesien von den dort heimischen Ofensetzern aufgestellt wurden. Der Ofensetzer war endgültig zum Bauhandwerker geworden.
Autorin: Hannelore Kuna