Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Papiermüller

Papiermüller


 Bis Anfang des 15. Jahrhunderts war Pergament (dünnes Leder) der gängige Beschreibstoff, insbesondere für Beurkunden und dann erst kam das Papier auf und lief dem Pergament den Rang ab. Allerdings war in Pasewalk noch um 1782 mit Johann Conrad Becherer und Sohn ein einziger Pergamentmacher in Pommern tätig, der mit Spezialwünschen von Kunden spärlich seinen Lebensunterhalt verdiente.

 Durch die Entwicklung des Buchdrucks und Buchhandels hatte seit dem 16. Jahrhundert der große Bedarf an Papier in verschiedenen Qualitäten unumkehrbar eingesetzt. Gleichfalls war in den fürstlichen Kanzleien zu Wolgast und Stettin sowie an der Universität Greifswald der Papierbedarf hoch. Papier wurde eine brauchbare gute Handelsware.

 In Pommern war alles vorhanden, was man zur Papierherstellung brauchte: Lumpen und die natürliche Wasserkraft. Ein erfahrener Papiermacher schrieb 1766: „Die Wasser in Pommern und in der Mark (Brandenburg) sind gut, nur dass sie viel Sand mit sich führen,“ wodurch sich das Papier gelblich färbte und auch unrein wurde.

 Die technischen Voraussetzungen für die Papierfertigung waren ursprünglich sehr einfach und blieben für eine lange Zeit unverändert. Zuerst wurden Lumpen gekocht, zerstoßen und solange geschlagen, bis eine breiige Masse daraus entstand. Diese Masse wurde mit Wasser verdünnt, um sie in Formen schöpfen zu können, woraus am Ende des Herstellungsprozesses Papierlagen entstanden.

 1579 bat Herzog Ernst Ludwig von Pommern-Wolgast seinen mecklenburgischen Amtskollegen, Herzog Ulrich, ihm einen Papiermacher zu empfehlen. Er beabsichtige, in Pommern nach dem Vorbild von Mecklenburg, heimische Papiermühlen anzulegen. Papiermanufakturen entstanden dann bei Greifswald oder im hinterpommerschen Stolp.

 Im ehemaligen herzoglichen Amt Eldena, dass die Universität Greifswald vom Herzog Bogislaw XIV. als Geschenk erhielt, etablierte sich hauptsächlich die vorpommersche Papierfertigung. In Hanshagen ist schon um 1594 eine bestehende Getreidewassermühle zur Papiermühle umgerüstet worden. 1788 etablierte sich in der benachbarten Ortschaft Kemnitzerhagen durch den Papiermacher Hornig eine zweite Papiermühle am Hanshäger Bach. Er erhielt die Mühle von der Universität in hundertjähriger Erbpacht. 1798 übernahm der Papiermacher Gildemeister (ehemals Apotheker in Greifswald) die ältere Papiermühle in Hanshagen von der Universität, ebenfalls in Erbpacht. Mit diesen beiden Manufakturen bestanden per 1802 in der Provinz Pommern insgesamt 12 Papiermühlen mit etwa 70 Gesellen.

 Auch bei den Papiermüllern entwickelten sich eigene Handwerksgewohnheiten heraus, obwohl sie nicht zünftig organisiert waren. Lehrlinge hatten eine Probezeit zu absolvieren und mussten 4 Jahre und vierzehn Tage in die Lehre gehen. Sie gaben kein Lehrgeld an den Meister ab und erhielten während der Lehrzeit etwa 8 Reichstaler pro Jahr zum Unterhalt und dazu täglich Essen, Schlafstätte und angemessen die Kleidung vom Meister. Während der Wanderschaft durfte ein Geselle in jeder Papiermühle über die Landesgrenzen hinaus einkehren. Ein Meisterstück und übliche Meisterprüfung kannte man nicht.

 Papiermüller, Gesellen und Lehrlinge waren Frühaufsteher. Man musste übers Jahr die Zeit nutzen, denn im Wintereis konnte die Wassermühle nicht arbeiten. Auch lang anhaltende trockene Sommertage kamen manchen Gesellen nicht ungelegen, dann stand der Hanshäger Bach oft trocken und die Arbeit musste ruhen.

 Ansonsten herrschte auf der Papiermühle immer eine organisierte Arbeitsteilung, die sich in der Stellung der Arbeitsleute zeigte. Der Meister oder ein verantwortlicher Mühlenbereiter dirigierte den gesamten Arbeitsablauf, sodass jeder Geselle und Lehrjunge mit dem anderen Hand in Hand arbeitete. Der Büttgesell war der Rangerste, er schöpfte mit dem formgerechten Drahtsieb aus dem Lumpenbrei den Papierbogen und gab den Arbeitsrhythmus an. Der Gautscher stülpte das empfangene Sieb um und platzierte die geschöpfte Papierlage zwischen die Filze zum Pressen. Waren auf diese Art etwa so 180 Bogen abgelegt, wurden sie gemeinsam gepresst. Der Leger nahm die zu Papier gepressten Lagen einzeln heraus und der Stubengesell besorgte die Appretur (Oberflächenbearbeitung, bei Schreibpapier mit Leim).

 Die Papiermühlen bei Greifswald versorgten vornehmlich die Universität und die Regierungsbehörden von Schwedisch-Pommern mit Schreib-, Brief-, Noten- und Druckpapier, das Handwerk mit Tabakpapier oder Zeitungsdruckereien mit Makulatur und auch nach dem Mecklenburgischen sowie zum Teil nach Dänemark konnte Papier exportiert werden.

  Mit der Übernahme des nördlichen Vorpommerns durch Preußen wurde der Papierexport ins Ausland verboten, um den zumindest heimischen Papierbedarf abzusichern. Und doch wurden Klagen laut, dass Hanshagen und Kemnitzerhagen insbesondere weiße Papiere für den Buchdruck nicht in genügender menge liefern konnten. Etliche Versuche um 1818-20, anstatt aus Lumpen, aus Seegras Papier zu fertigen, scheiterten schließlich an der Qualität.

 Einem Bericht der Regierung zu Stralsund zufolge war bis etwa 1858 im akademischen Amt Eldena die Papierproduktion eingestellt worden: „Nachdem die beiden Papierfabriken zu Hanshagen und Kemnitzerhagen eingegangen sind, und ihre Wasserkraft zu gewöhnlichen Getreide- und Mahlmühlen verwendet wird, befinden sich (im Regierungsbezirk Stralsund) Fabriken im Sinne der Papierfertigung nicht mehr.“


Autorin: Hannelore Kuna

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