Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Grobschmied
Heute existieren in ganz Mecklenburg etwa wieder 25 Schmieden, 1852 besaß das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin etwa 600 Schmieden (einschließlich Schlossereien). Die Industrialisierung hatte dieses traditionelle Handwerk bereits vor ca. 130 Jahren allmählich aus der Alltagskultur zurückgedrängt. Im 20. Jahrhundert fielen insbesondere mit dem Ersatz der Pferdestärke durch Motorenkraft in vielfältigen Wirtschafts- und Industriebereichen letzte Bastionen: Beim Militär wurden die Pferde durch Motoren ersetzt, im Verkehrs- und Transportwesen wurden die Pferde samt Kutschen durch Omnibusse und Dampflokomotiven ausgewechselt sowie mit der Zeit ebenfalls in der Landwirtschaft.
Heutzutage lebt Schmiedearbeit hauptsächlich in speziellen Dienstleistungen sowie im kunstgewerblichen und kulturhistorischen Bereich. Durch eine neue Renaissance des Pferdes generell leben Pferdesport und Pferdezucht wieder auf und damit ist das gute alte Handwerk gefragt.
Das Schmiedehandwerk ist der älteste Metall verarbeitende Beruf und gilt als ältestes Handwerk in der Arbeitskultur überhaupt. Auch in Rostock beginnt die nachweisbare Handwerksgeschichte mit der Schmiede (Latein faber) und sie gilt als das Grundhandwerk. Dabei waren Feuer, Eisen, Hammer und Amboss ihre besonderen Arbeitsgegenstände und übten von je her eine große Anziehungskraft auf den Menschen aus.
In Rostock ist ein Schmied urkundlich erstmals 1219 unter dem Namen eines Henricus faber nachweisbar. Das Schmiedehandwerk muss im Mittelalter in der Seestadt bedeutend gewesen sein. Zwei wichtige Stadtstraßen erhielten in den ersten Jahrzehnten nach der Stadtgründung nach dem Handwerk den Namen. Die in der Altstadt gelegene Altschmiedestraße, erstmals 1280 im Stadtbuch als strata fabrorum antique civitatis erwähnt, existiert noch heute. Allerdings wurde sie 1792 Kleinschmiedestraße genannt. Die Altschmiedestraße bildete eine der drei wichtigen Nord-Süd-Verbindungsstraßen zwischen Altem Markt und dem Wendlender Schilde, sie lag damals am Rande der Stadtsiedlung, nahe der Stadtmauer und dahinter befand sich unmittelbar die Warnow. Dieser Standort war sehr praktisch und bewusst bestimmt worden, denn im Falle eines durch das Schmiedefeuer verursachten Brandes war somit ausreichend Löschwasser vorhanden.
Die zweite Schmiedestraße (platae fabrorum) taucht in Urkunden im Jahr 1286 auf, aber ohne konkrete Angabe des Stadtteils. Die Alterleute des Schmiedeamts unterhielten bereits im 14. Jahrhundert für die religiöse Betreuung eine Vikarie in St. Petri.
Mit fortschreitender Arbeitsteilung im Eisen verarbeitenden Handwerk trat eine Spezialisierung der Arbeitstätigkeiten ein, die sich auch in den Bezeichnungen und Berufscharakteristika zeigte. Weshalb zwischen Grobschmiede (Huf- und Ankerschmiede), Klein- bzw. Feinschmiede (Schlosser, Messerschmieden, Nadler) und Waffenschmiede (Platen- und Helmschläger, Schwertfeger) allgemein unterschieden wurde. Dann gab es die feinen Schmieden, die sich in Kupferschmiede und Goldschmiede unterteilten. Hier wurden rotes Kupfer und da wertvolle Edelmetalle wie Gold und Silber in edle und schöne Formen gebracht. Zum Teil für ganz praktische, nützliche Zwecke z. B. für vielerlei Gegenstände der Hauswirtschaft, Töpfe und Pfannen aus Kupfer vielleicht, die über dem Rauch hingen. Aber wer in den Stand versetzt war Geld zu besitzen, ließ es nicht an prächtigen Schmucksachen und modischem Kleinkram fehlen. In wirtschaftlich guten Zeiten wurden kostbare und repräsentative Auftragsarbeiten von der Herrschaft bestellt.
Die Differenzierung im Gewerk dauerte bis in die neuere Zeit hinein. Nach einer Berufszählung von 1933 gab es folgende spezialisierte Schmieden: Achsenschmied, Ankerschmied, Bergschmied, Blechschmied, Federschmied, Feuerschmied, Gesenkschmied, Grobschmied, Hammerschmied, Handschmied, Hüttenschmied, Hufschmied, Karosserieschmied, Kettenschmied, Kunstschmied, Nagelschmied, Radreifenschmied, Spatenschmied, Wagenschmied, Zeugschmied usw.
In jedem Fall und zu allen Zeiten musste aber das Schmieden gelernt sein. Dazu beherrschte der Schmied die vier wichtigsten Elemente seines Handwerks. Aus der Erde erhielt er sein Rohmaterial, die Luft lenkte er so, dass die Glut in der Esse entfacht wurde. Das Feuer selbst diente ihm zur Formung des Eisens und schließlich nutze er das Wasser, um seine Produkte zu härten. Auf diese Weise wurde eine hartes, scheinbar unzerbrechliches Material nur mit Manneskraft bearbeitet: formen, biegen, spalten, feuerschweißen und brechen gehörten zu den regelmäßigen Arbeitsschritten.
Im glühenden Zustand wurde das Eisen unter Verwendung verschiedenster Hämmer in entsprechende Formen gebracht. Zur Kennzeichnung der richtigen Temperatur hatte der Schmied eigene Begriffe: „ Rotglut“, „Weißwarm“ oder „Kirschrot“. Der angestrebte Arbeitsgang erforderte jeweils besondere Glutzustände des Eisens, die noch nicht durch Hilfsmittel messbar waren (etwa ein Thermometer). Der erforderliche Glutbrand war also eine praktische Sache der Erfahrung, die ein Lehrling nur vom Meister erlernen konnte. Um den „Meister des Feuers“ gab es in den Märchen und Geschichten viel Mystik und Magie. Das Schmiedehandwerk war eine handfeste und schwere körperliche Arbeit. Zur Feuerung der Esse brauchte der Schmied ausreichendes Heizungsmaterial, das bis Anfang 19. Jahrhundert aus Holzkohle bestand. Im 16. Jahrhundert gab es zwei Vertreter des Schmiedehandwerks die über den Kohlenhandel der Stadt eine entsprechende Aufsicht führten. Wichtig war die Qualität des Grundmaterials Roheisen, meist als Stab- und Stangeneisen oder Flacheisen gehandelt. Die Rostocker Schmieden bezogen das Roheisen in der Regel aus umliegenden mecklenburgischen Eisenhütten, aus Dömitz, Grabow oder Neustadt. Das qualitativ beste Eisen zum Verschmieden kam aber von weiter her über der Ostsee, aus dem benachbarten Schweden unter dem Namen Ösamund. Solche verfertigte Schmiedeware kam dem Käufer meist sehr teuer im Preis, doch die Qualität in Haltbarkeit und Gebrauchseigenschaften war unübertrefflich.
Denn nach einer Überlieferung lautet ein Schmiedespruch: „Alles Eisen lässt sich Hämmern, nicht aus jedem wird zwar Stahl.“
Autorin: Hannelore Kuna