Haff-Verlag
Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg- Vorpommern
Schornsteinfeger – die Feuermäuer-Kehrer
Keinen Handwerker erkennt man so schnell an seiner Berufskleidung wie den Schornsteinfeger. Seine schwarze Bekleidung ist traditionell und der Zylinderhut zählt seit ca. 1830 zu den unentbehrlichen Requisiten des Schornsteinfegers. Die Gesellen trugen dazu ein Halstuch und die Lehrjungen waren äußerlich an der zur rußigen Arbeit zweckmäßigen „Steigerkappe“ erkennbar. Schornsteinfeger reinigten die Rauchfänge, Schlote, Kamine und Essen und überwachten die Einhaltung von Bau- und Brandschutzvorschriften. Heute wird ihr Berufsbild durch moderne, abgasarme Heizungen auf Strom-, Öl- und Gasbasis erweitert.
Der Schornsteinfeger als eigenständiger Handwerker gehört zu den jüngeren Professionen und wurde bekannt unter den gelegentlichen Bezeichnungen Schlot- und Winkelfeger, Rauchfang- und Kaminkehrer. Gründe für das späte Auftreten dieses Berufszweigs in der Handwerksgeschichte liegen unter anderem darin, dass geschlossene Schornsteine aus Steinmaterial relativ spät im städtischen und ländlichen Hausbau zur Pflicht kamen durch entsprechende Verordnungen. Erste zuverlässige Nachrichten über Schornsteinbauten stammen aus dem Jahr 1447 aus Oberitalien.
Jedoch gab es bei größeren Repräsentativbauten bereits im Mittelalter ausgeklügelte Heiztechniken, die ohne Schornsteine funktionierten. In alten Burg- und Schlossanlagen waren sogenannte Luftheizungen üblich, die im Keller beheizt wurden und wo von dort aus über Röhrenleitungen im Mauerwerk sich mit der Luft die Wärme in die oberen Etagenausbreiten konnte. Beispiele dafür sind in Rostock das ehemalige Universitätsgebäude, in Ostpreußen die Marienburg, das Rathaus zu Lüneburg, das Kloster Doberan oder das Graue Kloster zu Wismar.
Auch städtische Bürgerhäuser in Anklam, Demmin oder Greifswald wurden frühestens im 15. und 16. Jahrhundert mit Schornsteinen ausgestattet, jedoch bei Weitem nicht alle Häuser. Dagegen waren gewerbliche Betriebe, wie Schmiede, Badestuben, Branntweinbrennereien, Darren, Bäckereien usw., aus der Natur der Sache heraus zum Schornsteinbau und zum Kehren verpflichtet, ging es doch um die Gesundheit der Nutzer und um Verhinderung einer Brandgefahr für die ganze Stadtgemeinde.
Noch gefährlicher und qualmiger ging es auf dem Lande zu, wo noch Ende des 18. Jahrhunderts die sogenannten Rauchhäuser standen, das waren Bauernhäuser ohne Schornsteinführung, in denen der Qualm vom Herd in den Dachboden aufstieg und von dort über kleine Öffnungen ins Freie abgeleitet werden sollte.
In früheren Zeiten reinigten die Hausbesitzer die Schornsteine häufig noch allein, mehr schlecht als recht oder die Säuberung oblag den Maurern, welche die Schornsteine aufbauten und mit der Konstruktion bestens vertraut waren. In den städtischen Badestuben stellte man für diese Arbeit Badeknechte an, welche die Öfen zusammen mit den Schornsteinen reinigen sollten.
Die Schornsteine besaßen einen großen Querschnitt, um die 1 x 1 Meter für einen Zug war keine Seltenheit, und nach oben hinaus wurden sie beim Aufbau vom Maurer lang „gezogen“, um möglichst viele Räume und Öfen an den Rauchabzug anschließen zu können. Die fachliche Reinigung erfolgte durch das Besteigen des Schornsteins von innen. Nicht selten kam es vor, dass Kinder in die oft noch heißen Schornsteine steigen mussten und die schwere körperliche Arbeit ausführten.
In Preußen wurden ab 1822 von der staatlichen Bauaufsicht „enge“ Schornsteine, die sogenannten russischen Röhren im Durchmesser bis zu etwa 6 Zoll und mit Reinigungstüren, zugelassen, die sich vom Feger „nicht mehr befahren“ ließen. So begann sich die konsequente Reinigung der Schornsteine vom Dach aus durchzusetzen, die technische Kehrmethode vom Dach abwärts mit den Arbeitsgeräten: Besen, Kugel, Kratzeisen und Leiter, setzte sich durch. Jedoch konnte nicht jeder Mann Schornsteinfeger werden, denn es wurde eine gewisse Kletterfähigkeit gefordert und auch die körperliche Belastung hoch über den Dächern der Stadt arbeiten zu können war eine wichtige Voraussetzung. Wer auch immer da oben arbeiten wollte, der musste unbedingt mutig sein und schwindelfrei.
Die Zunftbildung unter den Schornsteinfegern ging erst später vor sich. In Berlin erhielt das Gewerk der Schornsteinfeger 1697 ein erstes Privilegium, in Leipzig konnten die Meister erst 1709 ein Innungsprivileg erwirken, in Dresden 1710 und in Hamburg 1732. Im 19. Jahrhundert bildeten sich in Pommern zentrale Schornsteinfeger-Innungen für die Regierungsbezirke Stralsund, Stettin und Köslin heraus.
In der Regel wurde für den Gesellenberuf eine vier- bis sechsjährige Lehrzeit verlangt, wobei die Lehrlinge wie auch Gesellen noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein im Meisterhaus wohnten.
1777 gab es in den 16 Städten Vorpommerns insgesamt nur 9 Schornsteinfeger. 1805 gab es in Pommern (Vor- und Hinterpommern) 21 Schornsteinfegermeister. Nach der Volkszählung von 1864 registrierte Stettin 4 und Stralsund 2 Schornsteinfegermeister. 1868 arbeiteten in der Provinz Pommern insgesamt 94 Meister und 134 Gehilfen, davon 9 Meister im Kreis Demmin. Nach 1850 wurden in den meisten Kreisen und Städten Schornsteinfeger-(Zwangs)Kehrbezirke eingeführt.
Für die Leute hatte der Schornsteinfeger auch immer eine symbolische Bedeutung. Seitdem es den schwarz gekleideten Mann mit Zylinder gibt, gilt er besonders zum Jahreswechsel als Glücksbringer. Den überlieferten Bräuchen nach bietet schwarzer Ruß Schutz gegen jegliche Gefahren, Krankheiten, böse Geister und bringt das Glück ins Haus. Man sollte also schon mal den schwarzen Mann berührt haben.
Der Schornstein dagegen war in der menschlichen Fantasie Ein- und Ausgang für allerlei finstere oder auch glücksbringende Gestalten, was sich in der Märchen- und Sagenwelt niedergeschlagen hat. In verschiedenen europäischen Weihnachtsbräuchen spielt der Kamin oder der Kaminkehrer traditionell eine so große Bedeutung, dass Weihnachten quasie ausfallen würde, wenn es ihn nicht geben würde.
Für den Schornsteinfeger selbst war der Neujahrstag tatsächlich sein besonderer Glückstag im Jahr. Denn das Schornsteinfegerhandwerk zählte zu den wenigen Berufen, denen es gestattet war, am ersten Tag des neuen Jahres an die Haustüren der Leute zu klopfen, zum neuen Jahr zu gratulieren und als Brauch eine Gratifikation (Dankesgabe) für seine geleisteten Dienste zu empfangen.
Autorin: Hannelore Kuna.
Schornsteinfeger zu Güstrow
Städtische Bürgerhäuser wurden erst ab 15. und 16. Jahrhundert in Güstrow mit Schornsteinen ausgestattet, das betraf bei Weitem nicht alle Häuser. Gewerbliche Betriebe wie Schmiede, Bader, Branntweinbrenner, Bäcker usw., waren dann aus der Natur der Sache heraus zum Schornsteinbau und zum Kehren verpflichtet, ging es doch um die Gesundheit der Handwerker und um Verhinderung einer Brandgefahr für die ganze Stadtgemeinde. Auf dem Lande im Umkreis von Güstrow gab es noch Anfang des 19. Jahrhunderts vereinzelte Bauernhäuser, die ganz ohne Schornstein auskamen. Der Qualm zog aus der Küche über eine Öffnung in der Decke auf den Boden und von dort durch eine Dachöffnung ins Freie. Diese typischen Häuser nannte man auch Rauchhäuser.
Die Zunftbildung unter den Schornsteinfegern ging mit dem Wachstum der Stadt vor sich. In Güstrow wird erstmals 1655 mit Meister Hans Schwartz ein Schornsteinfeger im Bürgerbuch erwähnt. In der Regel wurde in der Ausbildung eine vier- bis sechsjährige Lehrzeit verlangt, wobei die Lehrlinge wie auch Gesellen noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein im Meisterhaus wohnten.
1817 sorgten in der Vorderstadt Güstrow 1 Schornsteinfegermeister mit seinen Gesellen und Lehrjungen in 772 Wohnhäusern mit 6741 Einwohnern für die Reinigung und Brandsicherheit. Durch das anhaltende Wachstum der Gemeinde waren bis 1850 zwei Schornsteinfegereien notwendig geworden. 1852 arbeiteten im ganzen Großherzogtum Mecklenburg 32 Schornsteinfeger, 1907 gab es im Mecklenburger Land 48 Schornsteinfegermeister, die zusammen 125-129 Gesellen beschäftigten.
Für die Leute hatte der Schornsteinfeger von je her eine symbolische Bedeutung. Seitdem es den schwarz gekleideten Mann mit Zylinder gab, galt er besonders zum Jahreswechsel als Glücksbringer. Den überlieferten Bräuchen nach schützte der schwarze Ruß gegen besondere Gefahren, Krankheiten oder böse Geister. Selbst der Schornstein war in der menschlichen Phantasie Ein- und Ausgang für allerlei finstere oder glücksbringende Gestalten, was sich in der Märchen- und Sagenwelt reich wieder findet. Für den Schornsteinfeger selbst war der Neujahrstag tatsächlich sein besonderer Glückstag im Jahr. Das Schornsteinfegerhandwerk zählte zu den wenigen Professionen in Güstrow, denen es gestattet war am ersten Tag des neuen Jahres durch die Gesellen an die Haustüren der Bürger klopfen zu lassen, zum Neujahr zu gratulieren und eine Gratifikation (Dankesgabe) für die geleisteten Dienste im verflossenen Jahr zu empfangen.
Autorin: Hannelore Kuna