Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Vergolder

Vergolder

             

 Die Menschen haben schon immer goldene Gegenstände, die glänzten und blinkten, geliebt und wollten sie in ihrem Besitz wissen. Die besondere Anziehungskraft auf jedermann, gleich welchen Standes, war allemal faszinierend. Doch wie groß ist heute noch die Überraschung bei manchem

Besucher von Kirchen z. B. wenn er erfährt, das dieser oder jener strahlende Gegenstand nicht aus purem Gold besteht, dass der hölzerne Altar mit Blattgold verziert wurde. Diesen schönen Schein konnten nur die Vergolder in feinster kunsthandwerklicher Arbeit verfertigen. Es ist durchaus üblich, dass Vergolder meist aus dem Künstlerstand kamen, z. B. Maler oder Bildhauer waren.

 Nach den städtischen Katastern von 1852 existierten in den Städten des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin insgesamt 6 Vergolder, davon arbeiteten in der Seestadt Rostock 2 Vergolder im Kleinhandwerk. Zwischen 1858 und 1862 wirkten in Rostock der Bildhauer und Vergolder H. Behr und der Hofvergolder F. W. Collignon, der das Privileg innehatte vornehmlich für die mecklenburgischen Herzöge in Schwerin zu arbeiten. Nachweislich um diese Zeit war der Hofvergolder Collignon mit der Restaurierung des Altars in Peckatel (Mecklenburg-Strelitz) beschäftigt und er stand dafür im Briefwechsel mit dem Patron dieser Kirche F. von Maltzahn. Der Rostocker Bildhauer und Vergolder H. Behr arbeitete während dessen an Objekten der alten Klosterkirche zu Ribnitz.

 Vergoldungen sind in vielen Handwerken und Künsten bekannt. Zahlreiche Gegenstände und Bauteile wie Rahmen, Schnitzereien, Flächen und Dekor wurden vergoldet auf verschiedensten Untergründen wie: Holz, Metall, Gips, Pappmaschee, Glas und in neueren Zeiten Kunststoffen. Selbst Pillen wurden vergoldet. Blattvergoldungen wurden seit der Antike angewendet. In ägyptischen Gräbern sind an Särgen, Mumien usw. heute noch gut erhaltene Vergoldungen zu finden.

 Blattgold stellte die Berufsgruppe der Goldschläger her, welche hauptsächlich in Süddeutschland (Augsburg, Nürnberg, Fürth) beheimatet waren. Eine Blüte erfuhr das Vergolden im Barock sowohl von weltlichen als sakralen Objekten. Am strahlenden Glanz des Hauptaltars in der Rostocker Marienkirche, geschaffen durch die Berliner Maler und Bildhauer Weißhut und Schaffer sowie durch den Rostocker Tischler Möller, haben Vergolder ihren Anteil. Nur blieben ihre Namen meist im Hintergrund oder sind überhaupt nicht bekannt, weil ihre Tätigkeit hauptsächlich in Auftrags- und Zuarbeiten bestand. Denn sie traten wenig mit eigenen Produkten auf den Markt, boten vielmehr ihre Dienstleistung des Vergoldens an.

 Das Edelmetall Gold war viel zu kostbar, deshalb wurden aus diesem edlen Metall im Gemisch mit anderen Metallen selbst nicht Gefäße, Bilderrahmen oder Figuren usw. hergestellt, sondern man verstand immer wieder andere in die gewünschte Form gebrachte Materialien mit Goldüberzügen zu verschönern. Silberne oder kupferne Gefäße erhielten schon im Mittelalter durch einen Goldrand einen hohen ästhetischen Wert. Zahlreich erhaltenes mittelalterliches Kirchengerät (Kelche, Patene, Dosen, Löffel) aus Silber und vergoldet in Rostocks Kirchen zeugen noch heute von der Kunst dieses Handwerks. Gemälde wurden auf Goldhintergrund gemalt oder mit goldenen Rahmen verziert. Goldgrund herrschte in der kirchlichen Wand- und Tafelmalerei vom 12. bis zum 16. Jahrhundert und wurde von der Ölmalerei verdrängt. Selbst bei Büchern prägte man lederne Bucheinbände und veredelte metallene Beschläge in der Zeit der Wiegendrucke mit Gold oder wendete Gold für Buchschmuck (Wappen, Seitenzahlen usw.). Die Universitätsbibliothek Rostock beherbergt etwa 650 Inkunabeln, sie zählen zu den Schätzen der schwarzen Kunst, wie der Buchdruck gerne bezeichnet wurde. Mit der Erfindung des Porzellans Anfang 18. Jahrhundert fanden neben Porzellanmalern sofort Vergolder ein breites Betätigungsfeld und auch die Glashütten begannen Gold als äußeren Überzug wieder zu entdecken.

 Für besonders kostbare Goldarbeiten kamen nur höfische und hochadlige Auftraggeber infrage und die gab es allemal. Da machte Mecklenburg keine Ausnahme, im Gegenteil. Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe bewahrt eine komplett erhaltene Toiletten-Garnitur aus dem Besitz der Großherzöge von Mecklenburg. Das hauptsächlich in Nürnberg angefertigte Toiletten-Service aus Wasserkanne, Becken, Dosen, Tischglocke, Suppenschüssel, Essbesteck, Becher, Leuchter usw. besteht aus vergoldetem Silber mit reichem Schmuck aus weißgrundigem, farbig bemalten Emaille mit aufgelegtem Golddekor und ist einer der prächtigsten europäischen Sammlungen dieser Art, wie nachgelesen werden kann. 

 Und es soll noch eine Besonderheit der Vergolder in Mecklenburg, speziell in Rostock gegeben haben. Heutzutage ist der Vergolderberuf von seinen Anforderungen her durchaus ein Frauenberuf. Aber in früheren Zeiten gab es keine vollwertigen weiblichen Zunftgenossen, die Ausnahmen sind jedenfalls selten in Deutschland, die Meisterwitwen sind ohnehin mit Ausnahmeregelungen betroffen. Rostock machte hier wohl eine Ausnahme, denn 1269 ist in der Stadt eine Goldwirkerin, eine margareta aurea textris, urkundlich bezeugt. Auch Goldwirker verarbeiteten Gold zu ästhetischen Zwecken, sie fertigten offenbar die mit Golddrähten durchzogenen Gewebe insbesondere für Kirchengewänder. 

 Vergolder/in ist noch heute ein Ausbildungsberuf und die praktische Tätigkeit erfolgt hauptsächlich in der Denkmalpflege, bei Restaurationsarbeiten im Umfeld von Kirchen, Schlössern und Museen.


Autorin: Hannelore Kuna

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