Haff-Verlag

Texte zum historischen Handwerk in Mecklenburg-                                              Vorpommern


Ölmüller

Ölmüller


 Pflanzliche Öle stehen derzeit hoch in der Gunst der kulinarischen und überhaupt einer ernährungsbewussten Küche. Bundesweit stellen wie in Anklam ca. 40 Ölmühlen Ölspezialitäten her und vertreiben sie regional in Restaurants, auf Wochen- und Hofmärkten. Auch in Reformhäusern und Naturkostläden finden sie sich, immer öfter auch aus ökologischem Anbau. Und das ist natürlich keine Erfindung unserer Ernährungswissenschaft, es ist nur wiederentdeckt. 

 Die Menschen erfanden schon frühzeitig das begehrte Öl aus heimisch angebauten Pflanzen wie Distel, Flachs, Hanf, Mohn, Sonnenblumen, Rübsen oder Raps. Ursprünglich arbeitete man mit kleinen Handpressen, doch mit der technischen Entwicklung entstanden ausgefeilte Mühlenwerke, mit denen das Öl in größeren Mengen produziert werden konnte, womit der Ölmüller sich herausspezialisierte. Durch Stampfen oder Auspressen von Samen, Kapseln und Kernen verschiedenster Ölpflanzen entstand das begehrte Öl, das sich vielfältig für allerlei Handwerke, in der Küche und im Haushalt verwenden ließ.

 Die ersten Ölmühlen in Pommern sind im Spätmittelalter sporadisch nachweisbar. Auffällig sind die vielen Ölmühlen gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Umkreis von Demmin. In Verchen arbeitete 1779 eine kombinierte Wasser- und Ölmühle, ebenso in Klenz, Klein-Tetzleben, Gehmkow (1731 erbaut), Buschmühle, Kummerow, Leistenow, Reudin, Strelow oder Wolde.

Ölmühlen arbeiteten mit Wasser-, Wind- oder Pferdekraft. Wind- und Wassermühlen, die ansonsten Getreide mahlten, benutzten hierfür ein zusätzliches Stampfwerk. Zwei senkrecht gegeneinander bewegliche Mühlsteine zerquetschten den Samen. Danach wurde das Material in einem Kessel erhitzt und unter starkem Druck ausgepresst. Mit der Walztechnik hingegen wurde sozusagen sofort und kalt gepresst. Der Walztechnik bedienten sich die zahlreichen Ross-Ölmühlen mithilfe der Pferde. Die Tiere bewegten mit ihrem schweren Rundgang das mechanische Mahlwerk, die Arbeit war für Mensch und Tier körperlich sehr anstrengend, weshalb nur tagsüber gearbeitet wurde. Wöchentlich konnten in einer großen, gut florierenden Ross-Ölmühle mit 4-6 Arbeitern und 6-8 Pferden etwa 100 Tonnen Leinsaat und täglich ca. 15 Tonnen Saat ausgepresst werden. Acht hölzerne Tonnen Leinsamen ergaben eine Ausbeute von etwa 500 Litern feinstem Leinöl.

 Die Ölfertigung hinterließ ein nicht unwichtiges Nebenprodukt im ausgepressten Abfall, den so genannten Ölkuchen, der zur Viehfütterung Verwendung fand. Die Kuchen wurden zu 2 Pfund gefertigt und das Tausend zu 12 Reichstalern verkauft. Die besten Leinsaat-Kuchen waren trocken ausgepresst, im Ofen gebacken, nicht zu fett und doch nahrhaft genug. Sie wurden zum Füttern fein gestoßen den Pferden trocken zum Heu gegeben. War das Pferd an das neue Futter gewöhnt, erhielt es täglich einen halben Kuchen. Anfangs brauchten Bauern und Pferd eine Eingewöhnungszeit, doch wenn die Tiere sich ans neue Futter gewöhnt hatten, kam der Bauer mit dem Vorrat an Tier-Futter besser über den Winter. Auch Rübssaatkuchen konnte zugefüttert werden, allerdings musste er vorher in Wasser aufgelöst werden und wurde ein bis zwei Mal in der Woche dem Schweine- und Rindviehfutter zugegeben.

 Nach 1800 stieg der Bedarf an pflanzlichem und tierischem Öl (Tran) enorm an. Die Städte Stettin und Wolgast beteiligten sich am Robben- und Walfang und schickten Walfangschiffe nach der Südsee und nach Kamtschatka.

 Ab 1830 wurde in der Provinz Pommern verstärkt Raps angebaut. Das erzeugte Rapsöl diente insbesondere als Leuchtmittel, aber zum anderen entdeckte man das Öl auch für die Kochkunst. Fleisch- und Gemüsegerichte z. B. wurden vielfältiger gewürzt, die Köche verstanden es den Gerichten einen feinen Geschmack zu geben. Koch-Experten jener Zeit sprachen von einer Revolution in der Kochkunst.

 In vielen Haushalten, öffentlichen Sälen und Kirchen hielt damals die Öl-Lampe Einzug, sie ergänzte oder ersetzte das bis dahin gewöhnliche künstliche Licht von Wachs- und Talgkerzen. Die Städte installierten Straßenbeleuchtungen an den vornehmsten Straßen und Plätzen, jedoch schluckten die Laternen oder Kandelaber übers Jahr literweise den Brennstoff Öl. Bereits nach 1733 leuchteten den Stettinern 150 Laternen und um 1795 schon etwa 500 öffentliche Öllampen während der dunklen Herbst- und Winterzeit.

 In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich die moderne Dampfmaschinentechnik durch und verdrängte zumindest in den größeren Städten Pommerns den traditionellen Olmüller. In Stettin (einschließlich der Stadt Altdamm) entstanden von 1830 bis 1853 vier große Dampf-Ölmühlen, darunter die von Bierbach u. Co., die rund 120 Arbeitskräfte beschäftigten. Mit acht Raffinerien mit circa 120 Beschäftigten entstanden weiter Ölproduzenten, die das gewonnene Rohöl veredelten. Über den pommerschen Bedarf hinaus gingen große Mengen an Rohöl nach Berlin, Sachsen und in die Rheingegend. Für raffiniertes, veredeltes Öl wurde England ein Hauptabnehmer.

 Bald setzte aber eine Zeit ein, die den pflanzlichen Ölbedarf wieder zurückdrängte. Amerikanisches Petroleum begann das bisherige heimische Lampenöl zu ersetzen. Fast zeitgleich ließen Städte in Pommern Gasanstalten einrichten, Anklam (1856), Greifswald (1858), Pasewalk (1864), Stettin (1848) oder Stralsund (1857), wo dann das erzeugte Gas aus der Steinkohlenverbrennung die Stadtlaternen zum Leuchten brachten.


Autorin: Hannelore Kuna.

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